Während sich die Lage an der polnischen Grenze zu Weißrussland weiter verschärft, geht Amnesty International davon aus, dass die polnische Regierung dort Menschenrechtsverletzungen begeht.

Julia Duchrow, Sprecherin der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, sagte am Mittwoch, Polen müsse „unverzüglich“ sicherstellen, dass internationale Hilfsorganisationen wie etwa das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR), die Internationale Organisation für Migration (IOM) oder auch Ärzte ohne Grenzen Zugang zu den geflüchteten Menschen erlangen, „um sie humanitär und medizinisch zu versorgen“. Der Zugang dieser Menschen zum Asylverfahren an den Außengrenzen der Europäischen Union dürfe nicht „zum Spielball geopolitischer Interessen“ gemacht werden, betonte Duchrow.

Sie fuhr fort, Amnesty verurteile die „menschenrechtswidrigen Zurückweisungen der Geflüchteten“, die Polen in den letzten Wochen regelmäßig durchgeführt habe, auf das Schärfste. Diese Praxis der Zurückweisungen verstoße gegen das geltende internationale Recht, und zwar auch dann, wenn sie kürzlich im polnischen Recht legalisiert worden sei. Weißrussland wiederum, so die Amnesty-Sprecherin weiter, dürfe geflüchtete Menschen „nicht für politische Interessen instrumentalisieren“ und sie auf diese Weise der Gefahr aussetzen, zu Opfern schwerer Menschenrechtsverletzungen zu werden. Die meisten im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus gestrandeten Menschen stammen, wie Amnesty International mitteilt, aus Krisenregionen wie Afghanistan, Syrien und dem Irak.

Paul Ziemiak, der Generalsekretär der CDU, rief stattdessen dazu auf, mehr Druck auf die Herkunftsländer der Geflüchteten auszuüben. „Wir unterstützen ja viele dieser Länder auch mit Hilfen“, erklärte Ziemiak dem Fernsehsender „Welt“, und daher könne man an dieser Stelle einen Hebel ansetzen. Ziemiak forderte, mit diesen Ländern zu sprechen. Gleichzeitig verlangte er, auch den internationalen Fluggesellschaften deutlich zu machen, sie riskierten ihr „Geschäftsmodell in der Europäischen Union“, wenn sie weiterhin Menschen nach Belarus brächten und es deshalb zu Sanktionen komme. Alle Flüchtlinge in die Europäische Union oder nach Deutschland zu holen, sei allein schon aufgrund der falschen Signalwirkung keine Lösung, so der CDU-Politiker. Allerdings sei die aktuelle Lage in der weißrussisch-polnischen Grenzregion nicht mit der Flüchtlingssituation im Jahr 2015 zu vergleichen, befand Ziemiak, der selbst 1988 als Aussiedler aus Polen nach Deutschland gekommen war.

An der europäischen Außengrenze zwischen Polen und Weißrussland kommt es währenddessen nach wie vor zu dramatischen Situationen. Mancherorts brechen Flüchtlinge mit Hilfe von Werkzeug durch die teils mit Stacheldraht gesicherte Grenze. Weite Teile dieser Grenze sind allerdings gar nicht gesichert. In den letzten Tagen hatten sich auf der belarusischen Seite immer mehr Geflüchtete eingefunden, die trotz der dort herrschenden eisigen Temperaturen dort in Zeltlagern ausharren müssen. Mehrere Staaten der EU, darunter auch Deutschland, werfen der weißrussischen Regierung vor, gezielt Flüchtlinge per Flugzeug in das Land zu bringen, um sie dann auf den Weg in Richtung Polen zu schicken. Viele dieser Menschen stammen aus dem arabischen Raum.

Bereits seit mehreren Wochen hat sich die Flüchtlingsbewegung von Belarus über Polen nach Deutschland massiv verstärkt. Polen reagiert darauf mit dem Ausbau seiner Ostgrenze, was wiederum weitere Kritik nach sich zieht.

Redaktion poppress.de, A-1010413