Das BfV (Bundesamt für Verfassungsschutz) beobachtet mit Sorge die Unterwanderung der aktuellen Proteste gegen Corona-Maßnahmen durch Extremisten.

Zur „Welt am Sonntag“ sagte der BfV-Präsident Thomas Haldenwang, dass sein Amt den Trend erkenne, dass Extremisten – darunter besonders Rechtsextremisten – für sich das Demonstrationsgeschehen instrumentalisieren. Zunächst seien in Internet-Echokammern entsprechende Verschwörungstheorien, Fake News und Propaganda entstanden. Nun werde diese geistige Saat in die Realwelt übertragen. Dabei suchten die Rechtsextremisten Anschluss an die bürgerlichen Spektren. Derzeit riefen sie ihre Anhänger dazu auf, sich in die Proteste aktiv einzubringen, so Haldenwang. Dabei bestehe aus Sicht des BfV die reale Gefahr, dass es die Rechtsextremisten schaffen könnten, mit ihren staatszersetzenden Zielen und Feindbildern sogar die Führung der Corona-Demonstrationen zu kapern. Noch würden diese Demos mehrheitlich von verfassungstreuen Bürgerinnen und Bürgern durchgeführt. Es sei auch bislang vom heterogenen Protestpublikum aus kein Schulterschluss mit den Rechtsextremisten zu erkennen. Dennoch habe das BfV die Sorge, dass die Extremisten die aktuelle Situation ebenso ausnutzen könnten wie die Lage in der Flüchtlingskrise des Jahres 2015.

BfV-Präsident Haldenwang schätzt ein, dass sich ein „Trend zur Entgrenzung“ fortsetzen könne, den man schon seit 2015 beobachte. Er war im Zuge der Proteste gegen die Migrationspolitik entstanden. Nun könne er zu einer noch größeren Dimension anwachsen, so Haldenwang. Der NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) pflichtet dem Verfassungsschutzpräsidenten bei. Auch er erkennt die Gefahr in den gegenwärtigen Protestbewegungen: Dort seien aktuelle viele Wölfe im Schafspelz auf den Plätzen unterwegs, so Reul. Diese würden versuchen, ihre antidemokratischen Parolen schleichend in die Mitte unserer Gesellschaft zu tragen. Er habe in Nordrhein-Westfalen bei den Corona-Protesten Mitglieder mehrerer extremistischer Gruppierungen beobachtet, darunter Reichsbürger und Mitglieder der „Bruderschaft Deutschland“, einer klar rechtsextremistischen Organisation. Das LfV (Landesamt für Verfassungsschutz) in Baden-Württemberg macht ähnliche Beobachtungen. Auch dort beteiligen sich Extremisten verschiedener Gruppierungen an den Protesten. Einige Veranstaltungen seien von Personen organisiert oder mitgestaltet worden, welche das LfV Baden-Württemberg dem radikalen AfD-Flügel zuordnet. Es gebe auch eine extreme Gegenbewegung, so die Verfassungsschützer: Die linksextremistischen Gruppierungen machten ebenso mobil, weil sie bei den Protesten ihren „politischen Gegner“ attackieren könnten.

Redaktion poppress.de, A-055824