Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) mahnt, auch in Europa sei die Freiheit der Wissenschaft und der Forschung bedroht. Bei einem Treffen mit ihren europäischen Amtskollegen am Dienstag in der Bundesstadt Bonn will sie daher den Wissenschaftlern mit einer sogenannten „Bonner Erklärung“ zur Forschungsfreiheit zur Seite stehen.

Karliczek erklärte gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ für die am Dienstag erscheinenden Ausgaben der Tageszeitungen der Gruppe, Forscherinnen und Forscher würden mitunter massiv „beschimpft, denunziert und bedroht“. Es gehe den Angreifern darum, so die Ministerin, sie zum Schweigen zu bringen, weil ihre Aussagen nicht in deren Weltbild passten.

Karliczek forderte die europäische Gesellschaft auf, sie müsse sich schützend vor die Wissenschaftler stellen. Ansonsten bestehe dass Risiko, dass sie sich zurückzögen. Am Dienstag wird Karliczek mit ihren Amtskollegen aus den Staaten der Europäischen Union zu einer Konferenz zusammentreffen. Diese wird in „hybrider“ Form, also als Präsenzveranstaltung in Bonn und digital, stattfinden. Der Höhepunkt des Treffens soll die Verabschiedung einer „Bonner Erklärung“ sein. Die Ministerin erklärte, sie wünsche sich für die Konferenz in Bonn aufgrund der herausragenden Bedeutung der Forschung ein gemeinsames Bekenntnis aller europäischen Forschungsminister zur Wissenschaftsfreiheit. Im Entwurf der Erklärung heißt es denn auch, die geistige Freiheit und die Kreativität verlangten „auch die Freiheit und Sicherheit der einzelnen Personen.“ Weiter wird dort festgestellt, die Freiheit der Forschung stehe „für Offenheit, Austausch, Exzellenz, Internationalität, Vielfalt, Gleichheit, Integrität, Neugier, Verantwortung und Reflexivität.“ Somit stelle sie auch einen „Grundpfeiler jeder Demokratie“ dar.

Die Ministerin erläuterte, man sei von der Wissenschaft abhängig, wenn es zum Beispiel um die Begrenzung des Klimawandels gehe, aber auch aktuell, um „die Pandemie in den Griff zu bekommen.“ Gegenwärtig sei aber die Freiheit der Wissenschaft in der ganzen Welt, „aber auch in Europa“ auf vielfache Art und Weise bedroht. Die Verteidigung der Wissenschaftsfreiheit bedeute daher auch, die Forscher selbst vor Angriffen in Schutz zu nehmen. Die Staaten müssten die Wissenschaftsfreiheit beachten, verlangte Karliczek. Der Druck auf die Wissenschaftler werde allerdings zurzeit, so betonte sie, gerade auch in Europa hauptsächlich aus der Gesellschaft selbst heraus ausgeübt. Wissenschaftler wie etwa der Berliner Virologe Christian Drosten würden im Internet teilweise heftig beschimpft und bedroht, und auch Klimaforscher würden von Leugnern des Klimawandels angegriffen. Für die europäische Gesellschaft sei es besorgniserregend, dass es in öffentlichen Diskursen verstärkt und absichtlich zur Verbreitung von Falschmeldungen komme, die den aktuellen „Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse“ falsch darstellten, klagte Karliczek. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft habe sich selbst das Ziel gesetzt, sich zusammen mit den anderen Mitgliedsstaaten, vor allem aber auch mit der Wissenschaft selbst, für die Bewahrung und die freie Entfaltung der Forschung stark zu machen. Außer den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union seien daher auch andere Partnerstaaten weltweit dazu aufgerufen, der Bonner Erklärung zur Forschungsfreiheit beizutreten.

Nach dem Abschluss der Konferenz soll auf der Basis der Bonner Erklärung ein permanent tätiges Monitoring zur Situation der Freiheit der Forschung ins Leben gerufen werden. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit werde der „Europäische Forschungsraum“ sein, erläuterte die Ministerin. In diesem, so schilderte sie, sollten die 27 Mitgliedstaaten der EU in Zukunft unter anderem ihre jeweiligen nationalen Forschungs- und Modernisierungsstrukturen besser miteinander abstimmen. Europa müsse „auf allen Zukunftsfeldern, auf allen Ebenen“ stärker zusammenarbeiten. So sei zum Beispiel der Aufbau der ökologischen Wasserstoffwirtschaft eine „gesamteuropäische Aufgabe“, in der sich die EU als Ganzes, aber auch die einzelnen Staaten gemeinsam engagieren sollten, führte Karliczek weiter aus.

Redaktion poppress.de, A-1010413