Annette Kurschus, die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), erkennt trotz der zunehmenden Aggressionen bei den Demonstrationen gegen die geltenden Pandemiemaßnahmen keine Spaltung in der Gesellschaft.

In einem Gespräch mit dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) rief Kurschus dazu auf, eine solche Spaltung auch nicht herbeizureden. Es sei tatsächlich nur eine kleine, allerdings auch eine laute Minderheit, die für sich in Anspruch nehme, „eine ganze Gesellschaft zu spalten“.

Die EKD-Ratsvorsitzende setzt sich stattdessen für Sachlichkeit bei Gesprächen und in der Aufklärungsarbeit ein. In der aktuellen Lage, die sie als „fragil und emotional aufgeheizt“ beschreibt, sei es nach ihrer Ansicht von besonderer Bedeutung, mithilfe von Information, Aufklärung und Gesprächen Vertrauen zu bilden. Hierbei komme auch den Kirchen eine wichtige Rolle zu, die Aufgabe und Chance zugleich sei. Man müsse Veränderungen und Konflikte wahrnehmen, sie ernst nehmen und entsprechend darauf antworten. „Wir brauchen klare Haltungen“, unterstrich Kurschus, forderte aber gleichzeitig eine „spürbare Achtung“ gegenüber andersdenkenden Menschen ein. Dies schade der eigenen Überzeugung nicht, man halte sie aber auch nicht für die einzig richtige Denkweise. „Niemand hat die Wahrheit gepachtet“, machte die Geistliche deutlich. Alle Menschen seien nach ihrem besten Wissen und Gewissen darum bemüht, Verantwortung zu tragen.

An die Seite der Politik gerichtet, sagte Kurschus, ihrer Ansicht nach brauche es „klare, realistische Ansagen und weniger Alarmismus“. Denn der mache den Menschen Angst und führe zu schlechter Stimmung, auch wenn er lediglich dazu gedacht sei, Leichtsinn und Nachlässigkeit zu verhindern. Stattdessen schlug sie vor, schlüssige Szenarien zu entwerfen, die deutlich machten, wie Ziele gemeinschaftlich zu erreichen seien. Wenn alle sich umsichtig und besonnen verhielten, dann werde man durch die Pandemie kommen. Dies solle allen bewusst sein.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland erinnerte daran, sehr viele Menschen fühlten sich gegenwärtig müde und erschöpft. Sie gestand ein, auch selbst mitunter gereizt und nervös zu sein. Die Tonlage sei insgesamt eine andere als zuvor, und die Situation dürfe nicht unterschätzt werden, stellte sie gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ fest. Was die Menschen jetzt nötig hätten, sei „viel feines Gespür“ für ihre Mitmenschen, so Annette Kurschus.

Redaktion poppress.de, A-1010413