Der Bundesverband deutscher Banken drängt auf mehr Geschwindigkeit bei der Einführung der europäischen digitalen Brieftasche (Eudi-Wallet) und warnt, aus den Fehlern der bisherigen digitalen Personalausweisfunktionen zu lernen.
„Eine Wallet ist mehr als eine simple Anwendung – sie benötigt ein vernetztes, digitales Ökosystem“, betonte Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, im Gespräch mit den Funke-Medien. Damit dieses Ökosystem gelinge, sollten Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft frühzeitig kooperieren. Herkenhoff verwies auf die negativen Folgen eines verspäteten Einstiegs wie bei der E-ID-Funktion des Personalausweises und forderte, die Lehren daraus zu ziehen.
Der Verband setzt sich für mehr Engagement aller Akteure ein: „Die Banken bringen sich bereits stark ein, doch auch Behörden, Industrie und Handel müssen rasch eingebunden werden. Jetzt ist der Moment, um den Grundstein für ein nutzerfreundliches Angebot ab 2027 zu legen.“
Die Bundesregierung gehe das Thema zwar ernsthaft an, aber es bedarf laut Herkenhoff zusätzlicher Dynamik. Das neue Digitalministerium sorge erstmals für gebündelte Kompetenzen und Ressourcen, doch es brauche verbindliche Zeitpläne, eindeutige Zuständigkeiten und ausreichende finanzielle Mittel.
Der von der EU gesetzte Zeitrahmen sei erreichbar, wenn man zeitnah mit der Einbindung aller wichtigen Akteure beginne. Die Wallet, deren Entwicklung unter Leitung von Sprind als Wettbewerbsprojekt läuft, soll nach europäischer Verordnung spätestens Anfang 2027 Personalausweis, Führerschein und ähnliche Dokumente digital bündeln.
Der Bundesverband deutscher Banken mahnt, bei der Entwicklung einer europäischen digitalen Identitäts-Wallet in Deutschland nicht erneut wertvolle Zeit zu verlieren, wie es mit der digitalen Ausweisfunktion zuvor der Fall war. Entscheidend sei, dass neben Banken auch Behörden, Wirtschaft und Handel früh involviert werden, um eine alltagstaugliche Anwendung für alle Bürger anbieten zu können. Die Bundesregierung hat mit dem Digitalministerium eine verantwortliche Instanz geschaffen, dennoch fehlen laut Branchenvertretern detaillierte Zeitpläne und ausreichende Ressourcen, um einen Start spätestens Anfang 2027 sicherzustellen.
[Recherche & Ergänzungen] Laut aktuellen Medienberichten (u.a. Tagesschau & Handelsblatt) hat die EU zuletzt die Anforderungen an die Eudi-Wallet weiter konkretisiert: So sollen künftig nicht nur Ausweis- und Führerscheindaten, sondern auch beispielsweise Universitätsabschlüsse oder Krankenversicherungsstatus in der Wallet speicherbar sein. Datenschützer sehen den flächendeckenden Einsatz kritisch und fordern höchste Sicherheitsstandards und klare Regelungen zur Datenhoheit. Während Branchen wie der Banken- und Versicherungssektor Chancen im einfachen Identitätsnachweis sehen, warnen Digitalverbände vor Flickenteppichen bei der nationalen Umsetzung in einzelnen EU-Staaten.
- Die Süddeutsche Zeitung berichtet ausführlich über die Herausforderungen bei der technischen Umsetzung der Eudi-Wallet: Sie beleuchtet, dass die Entwicklung trotz EU-Zeitplan durch Uneinigkeit bezüglich Datenschutz und Schnittstellen zwischen Staaten erschwert wird. Die Autoren heben hervor, dass nur durch eine enge Kooperation der Mitgliedsstaaten und die Einhaltung hoher Sicherheitsstandards Vertrauen in die neue Technologie geschaffen werden kann. Zudem bestünden Risiken, dass nationale Alleingänge die europaweite Nutzbarkeit beeinträchtigen könnten. Quelle: Süddeutsche Zeitung.
- Laut FAZ droht Deutschland die Frist der EU bei der Einführung der digitalen Brieftasche zu verpassen: Der Artikel beschreibt, dass trotz politischen Willens und technischer Projekte die konkrete Umsetzung in den Behörden zu zäh vorankommt. Experten monieren komplizierte Zuständigkeiten und bürokratische Hürden als größte Bremser. Ein schnellerer Datenaustausch zwischen Bund, Ländern und Industrie sei unerlässlich, um die Vorgaben rechtzeitig zu erfüllen. Quelle: FAZ.
- Spiegel Online thematisiert in einem aktuellen Beitrag die europaweiten Pilotprojekte zur Eudi-Wallet unter Federführung der Bundesagentur Sprind: Tests mit digitalen Führerschein- und Universitätsdokumenten laufen bereits in mehreren Ländern, jedoch sei die Akzeptanz solcher Apps noch niedrig. Die Autoren sehen für Deutschland die Chance, mit offenen Schnittstellen und benutzerfreundlicher Technik eine Vorreiterrolle einzunehmen, mahnen jedoch, datenschutzrechtliche Konflikte zeitnah zu klären. Die Verknüpfung von Alltagsdiensten wie Banking und Mobilität wird als möglicher Erfolgsfaktor genannt. Quelle: Spiegel Online.
Redaktion poppress.de, kgause
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