In der Bundesregierung ist ein heftiger Konflikt um die geplante Offenlegungspflicht für die Lobby-Tätigkeit von Politikern entbrannt.

Die geplante Einführung einer Offenlegungspflicht von Lobby-Tätigkeiten für Politiker wird aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Fachministerien aktuell blockiert und wird sich bis auf weiteres verzögern. Laut Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ sind vor allem das Innenministerium und das Justizministerium auf Konfliktkurs.
Der von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vorlegte Referentenentwurf geht Bundesjustizministerin Christine Lamprecht (SPD) nicht weit genug. Lamprecht fordert eine weitergehende Regelung und verlangt Nachbesserungen des Entwurfs. Das Justizministerium hat deshalb einen Gegenentwurf erarbeitet und vorgelegt, in dem eine konkretere und weitreichendere Verpflichtung zur Offenlegung formuliert ist.
Der Koalitionspartner SPD betont die Notwendigkeit einer größtmöglichen Transparenz politischer Entscheidungsprozesse und mahnt ein entschiedenes Vorgehen gegen informelle Einflussnahmen an. Hierzu schlägt das Ministerium die Einführung eines „Exekutiven Fußabdrucks“ vor. Vor der Verabschiedung eines Gesetzes, würde damit eine Nachweispflicht über die am Gesetzgebungsprozess Beteiligten bestehen. Dies umfasst die Sachverständigentätigkeit ebenso wie die Einbindung von Lobbyisten. Der „Exekutive Fußabdruck“ garantiert den Nachvollzug von politischen Entscheidungsprozessen und fördert die Akzeptanz von Gesetzgebungsverfahren, argumentiert Justizministerin Lamprecht.
Es muss jedem Interessierten möglich sein, die Mitwirkung von Interessengruppen zu identifizieren und zu bewerten. Lobby-Tätigkeit funktioniert nicht nur auf der Führungsebene von Ministerien, sondern gerade auch auf der Arbeitsebene. Hier müssen Staatssekretäre, Berater und Assistenten ebenso einbezogen werden, wie hohe Ministerialbeamte, welche letztendlich die Vorgaben in Gesetzestexte fassen. Transparenz muss für alle Ebenen des Entscheidungs- und Umsetzungsprozesses gewährleistet sein, mahnt das Justizministerium.
Ein weiterer Konfliktpunkt sind die vom Innenministerium im Referentenentwurf vorgesehenen Ausnahmeregelungen. Neben einer Restriktion der Ausnahmen, beharrt das Justizministerium auf einer konkreteren juristischen Formulierung der Ausnahmefälle.
Die Einführung eines Lobbyregisters gehört seit über zehn Jahren in der Großen Koalition zu den umstrittenen Themenbereichen. Nachdem in der Koalitionsrunde eine gesetzliche Regelung der politischen Interessenvertretung beschlossen wurde, liegt die Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzentwurfs derzeit zur Abstimmung bei den betroffenen Fachressorts. Die Union hatte im Streit um Lobbyregister aufgrund des Skandals um Phillip Amthor eingelenkt. Der CDU-Politiker aus Mecklenburg-Vorpommern hatte erhebliche finanzielle Aufwendungen von einer dubiosen US-amerikanischen Beraterfirma erhalten und daraufhin seine Ambitionen auf den Ministerpräsidentenposten aufgeben müssen. Amthor hatte von der Beraterfirma Augustus Intelligence Anteilsoptionen erhalten, die sich bei Einlösung auf einen Gegenwert von 250.000 Dollar belaufen hätten. Daraufhin war Amthor von der alleinigen Kandidatur für den CDU-Vorsitz in Mecklenburg-Vorpommern zurückgetreten. Die Generalstaatsanwaltschaft in Berlin stellte das Verfahren jedoch aufgrund fehlenden Anfangsverdachts ein.
Die Haltung des Innenministeriums wird jetzt vom Koalitionspartner SPD als Verschleppungstaktik der CSU bewertet, um eine Verabschiedung vor der nächsten Bundestagswahl im kommenden Jahr zu verhindern. Das Justizministerium versucht nun mit dem Gegenvorschlag Druck auf Minister Seehofer auszuüben, um das Gesetzgebungsverfahren zu beschleunigen und noch in dieser Legislaturperiode abzuschließen.

Redaktion poppress.de, NeoMatrix