Vor dem Hintergrund wachsender geopolitischer Risiken warnt der Verband der Chemischen Industrie (VCI) vor möglichen Versorgungsengpässen bei Chemikalien und pharmazeutischen Produkten in Deutschland.

„Die Gefahr von Unterbrechungen der Lieferketten ist keine theoretische, sondern eine durchaus realistische Option“, betont Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des VCI, gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Es wäre ein erhebliches Risiko, sich darauf zu verlassen, dass global immer alles verfügbar sei. Während der Corona-Krise habe sich gezeigt, welche Folgen das haben kann, so Entrup weiter. Deutschland müsse seine Versorgungssicherheit überdenken und auf internationale Krisen vorbereitet sein. Besonders kritisch sei, dass viele grundlegende Produkte – etwa Antibiotika – fast ausschließlich in Ländern wie China und Indien hergestellt werden, weil sich die Produktion in Deutschland wirtschaftlich kaum noch lohnt. Deshalb sei es entscheidend, die verbliebene Basischemie im Land zu halten, da sie viele weitere Industriezweige wie Automobil-, Elektro-, Ernährungs- und Rüstungsindustrie direkt beeinflusst.

Der VCI warnt eindringlich davor, dass sich Deutschland bei anhaltenden oder eskalierenden internationalen Spannungen nicht auf den globalen Markt verlassen darf – vor allem, da Schlüsselprodukte der Chemie- und Pharmaindustrie zunehmend aus Asien stammen. Die Corona-Pandemie hat die Anfälligkeit und die Abhängigkeit von internationalen Lieferketten drastisch vor Augen geführt, insbesondere bei lebenswichtigen Medikamenten wie Antibiotika, deren Produktion fast vollständig nach Indien und China verlagert ist. Viele Experten fordern deshalb, die Wettbewerbsfähigkeit und Standorte der Basischemie in Deutschland zu stärken, Lieferketten zu diversifizieren und in strategischen Sektoren gezielter zu investieren, um das Risiko zukünftiger Engpässe zu minimieren.

Weitere Entwicklungen aus aktuellen Berichten zeigen, dass die Lage weiterhin angespannt ist: Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einem neuen Pharmastrategiepapier, das unter anderem vorsieht, Produktion und Lagerhaltung kritischer Arzneimittel nach Europa zurückzuholen. Zugleich diskutieren Industrieverbände und Politiker über Subventionen, regulatorische Erleichterungen und eine stärkere Einbindung europäischer Partner. Zahlungsbereitschaft für mehr Versorgungsautonomie ist vorhanden, doch die Umsetzung steckt noch in den Anfängen und stößt auf finanzielle sowie logistische Herausforderungen.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

  • 1. In einem ausführlichen Beitrag analysiert die Süddeutsche Zeitung die wachsende Sorge der Industrie über Störungen globaler Lieferketten – insbesondere bei Medikamenten und Grundstoffen – und hebt politische Debatten über staatliche Förderung sowie die Bedeutung gezielter Resilienzstrategien hervor (Quelle: Süddeutsche Zeitung).
  • 2. Die Zeit berichtet in einer aktuellen Analyse, wie die Pharmaindustrie und Bundesregierung über Rückverlagerung der Produktion aus Asien nach Deutschland diskutieren, beleuchtet die Schwierigkeiten bei der Umsetzung und die Rolle globaler Abhängigkeiten im Alltag der deutschen Gesundheitsversorgung (Quelle: Die Zeit).
  • 3. Spiegel Online widmet einen aktuellen Hintergrundbericht der Frage, wie sicher Lieferketten wirklich sind, untersucht Alternativen für europäische Standorte und skizziert Maßnahmen, um strategische Abhängigkeiten insbesondere von China und Indien zu reduzieren (Quelle: Der Spiegel).

Redaktion poppress.de, gkleber