Das Ifo-Institut und die Energiebranche haben Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) davor gewarnt, die Energiewende ins Stocken zu bringen.

Die Bevorzugung von Gas gegenüber Wind- und Solarkraft „könnte nicht nur die Strompreise in die Höhe treiben, sondern auch die Erreichung der Klimaziele bis zur Mitte des Jahrhunderts gefährden“, erklärte Karin Pittel, Energieexpertin des Ifo-Instituts, gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Erdgas für die Stromerzeugung ist derzeit eine der kostspieligsten Optionen. Je weniger auf sie in normalen Zeiten zurückgegriffen werden muss, desto günstiger wird der Strompreis“, so Pittel weiter. „Deshalb sollte der Ausbau von Erdgaskapazitäten nicht zulasten der Erneuerbaren Energien erfolgen.“ Zusätzlich äußerte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) Bedenken hinsichtlich möglicher Verzögerungen. „Eine Priorisierung darf insbesondere beim Netzausbau nicht zu einem Zögern führen, welches die rechtzeitige Bereitstellung notwendiger Kapazitäten gefährdet“, sagte BDEW-Leiterin Kerstin Andreae. Sie warnte zudem vor negativen Auswirkungen durch die Einbeziehung von Grünstromproduzenten in die Netzausbaukosten. „Die zusätzlichen Belastungen könnten die Einspeiseentgelte erhöhen und damit den Ausbau der Erneuerbaren Energien gefährden und die inländische Erzeugung im europäischen Strommarkt benachteiligen.“ Ob einmalige Baukostenzuschüsse für erneuerbare Anlagen die gewünschte Steuerungswirkung haben könnten, „müsste vor einer Einführung geprüft werden“. Wirtschaftsministerin Reiche hatte kürzlich angekündigt, Einspeiser von erneuerbaren Energien an den Netzausbaukosten beteiligen zu wollen. Zudem lässt sie derzeit von dem Beratungsunternehmen BET einen Bericht erstellen, der eine neue Ausrichtung der Energiewende ermöglichen könnte, falls die Prognosen des zukünftigen Strombedarfs niedriger ausfallen. Die Ergebnisse werden im September erwartet. „Ich vermute, dass die Vorhersage (zum Strombedarf) zumindest kurzfristig niedriger ausfallen wird“, sagte Ifo-Expertin Pittel angesichts der langsamen Einführung von E-Mobilität und Wärmepumpen sowie der schwächelnden Wirtschaft. Wenn der Strombedarf sinkt, könnten in den kommenden Jahren Einsparungen und eine bessere Bewertung der nötigen Gaskapazitäten erfolgen. „Dabei sollte jedoch sorgfältig vorgegangen werden, um den Umbau des Energiesektors nicht zu verzögern.“ Pittel kritisierte auch, dass nur ein Institut mit der Neuberechnung beauftragt wurde. „Um Diskussionen über eine mögliche Einseitigkeit des Gutachtens zu vermeiden, wäre es sinnvoll gewesen, zwei Institutionen mit den Berechnungen zu betrauen“, sagte sie. „Angesichts der möglichen finanziellen Auswirkungen und der Bedeutung der Ergebnisse für die Energiewende wären die damit verbundenen Kosten absolut gerechtfertigt gewesen.“ BDEW-Chefin Andreae warnte vor den Folgen eines erneuten Kurswechsels. „Unternehmen investieren nachhaltig in neue Technologien, Infrastruktur und Geschäftsmodelle nur dann, wenn politische Ziele klar formuliert, langfristig verlässlich und mit geeigneten regulatorischen Instrumenten unterstützt sind“, bemerkte sie. „Hier liegt auch die Verantwortung von Politik und Verwaltung – auf allen Ebenen –, um Klarheit und Stabilität zu gewährleisten. Denn `Energiewende` bedeutet nicht `Energie` und `immer-wieder-Wende`.“

Die Energiewende in Deutschland ist ein zentrales Thema, das sowohl ökonomische als auch ökologische Aspekte umfasst. Die Umstellung auf erneuerbare Energien ist entscheidend, um die Klimaziele zu erreichen und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Der aktuelle Diskurs zeigt, dass politische Entscheidungen, wie die von Ministerin Reiche vorgeschlagene Beteiligung der Erneuerbaren-Anlagen an den Netzausbaukosten, weitreichende Folgen für die Zukunft der Energiewende haben können. Kritiker argumentieren, dass solche Maßnahmen die Investitionsbereitschaft in grüne Technologien beeinträchtigen und den Fortschritt verlangsamen könnten. Zudem ist die Rechnungslegung der zukünftigen Strombedarfsprognosen ein wichtiger Faktor, der die Energiewende beeinflussen kann. Die Schätzungen müssen präzise sein, um eine solide Grundlage für Entscheidungen im Energiesektor zu bieten. Es ist auch wichtig, dass mehrere Institute in die Bewertung einbezogen werden, um eine ausgewogene Perspektive zu gewährleisten. Im internationalen Kontext steht Deutschland unter Druck, seine Klimaziele zu erreichen, da es als Vorreiter in der Energiewende gilt. Der Erfolg oder Misserfolg der deutschen Energiewende könnte auch globale Auswirkungen haben, da andere Länder auf die deutsche Strategie schauen, um ihre eigenen erneuerbaren Energien auszubauen.

Redaktion poppress.de, gkleber