Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtes im Jahr 2019 plädieren vier Bundesländer für eine grundlegende Reform des Sanktionssystems bei Hartz-IV-Bezug.

Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Neuregelung der Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger beim Verstoß gegen Auflagen der Arbeitsagenturen, ist Gegenstand einer Initiative der Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern. Wie die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (WAZ) berichtet, habe sich die Landesregierungen im Rahmen eines Positionspapiers auf eine Abschwächung der Sanktionen verständigt. Für Hartz-IV-Empfänger, die mehrfach gegen Eingliederungsvereinbarungen der Jobcenter verstoßen und zum Beispiel angebotene Stellen ohne Grund ablehnen, droht derzeit eine zeitlich beschränkte Kürzung der Leistungsbezüge. Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Jahr die pauschale Kürzung als teilweise verfassungswidrig eingestuft und den Gesetzgeber zu einer Neuregelung aufgefordert.
Die Initiative der vier Bundesländer greift diese Vorgaben der Karlsruher Richter auf, behält allerdings das Grundsystem der Sanktionen bei. Hartz-IV-Empfängern würde also weiterhin bei Zuwiderhandlung eine zeitweise und erhebliche Kürzung drohen. Als Korrekturfaktor sehen die Arbeitsminister der Länder die Einführung von Kriterien vor, welche die Leistung und Lebensleistung der Betroffenen in die Berechnung der Höhe der Hartz-IV-Aufwendungen einbezieht. Zusätzlich begrenzt der Entwurf die maximale Kürzung auf 30 Prozent des Regelsatzes. Den Betroffenen soll künftig ein Einspruchsrecht zustehen, das eine Einzelfallprüfung in Gang setzt. Am Grundprinzip der Hartz-IV-Reformen halten die Landesregierungen jedoch fest. Das System der Grundsicherung basiert auf dem Ziel einer Reintegration der Hartz-IV-Empfänger in den normalen Arbeitsmarkt, betonen die Arbeitsminister. Zu diesem Zweck müssen Anreize beziehungsweise Sanktionen ausgesprochen werden, wenn ein Leistungsbezieher sich dem Fördersystem entziehen möchte und die Aufnahme einer „zumutbaren Arbeit“ ablehnt. In Extremfällen sieht der Entwurf eine Verschärfung der Sanktionsmöglichkeiten vor, die bis zum vollständigen Entzug von Leistungen reichen können.
Im Gegenzug soll Eigeninitiative gefördert und belohnt werden. Wenn ein Leistungsempfänger die entsprechende Motivation und Engagement zeigt, soll sich dies in Zukunft positiv auf die Höhe der Leistungen auswirken. Als Mittel schlagen die Bundesländer die Einführung eines höheren Vermögens-Grundfreibetrags und Einkommensfreibeträge vor. Dies bedeutet, dass der Anspruch auf Grundsicherung eintritt, bevor die Eigenersparnisse aufgebraucht sind und die Betroffenen die Möglichkeit erhalten einen Teil ihrer Rücklage zu behalten. Daneben soll die Aufnahme von Arbeit attraktiver werden, in dem der Zuverdienst in einem geringeren Umfang in die Grundsicherung einberechnet wird. Arbeit und die Bereitschaft auch geringfügige Tätigkeiten aufzunehmen, soll sich für den Einzelnen im Geldbeutel bemerkbar machen, fordert Karl-Josef Kaufmann, Arbeits- und Sozialminister in Nordrhein-Westfalen gegenüber der WAZ. Auch Immobilienbesitz soll großzügiger in die Grundsicherung einbezogen werden. Eigengenutzte Immobilien gehören zur privaten Altersversorgung und müssen als solche berücksichtigt werden, so Kaufmann.

Redaktion poppress.de, NeoMatrix