Dieter Kempf, der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), hat keine hohen Erwartungen an eine wirtschaftliche Erholung in der Corona-Pandemie.

Zum Beginn der ersten digitalen Hannover-Messe am 14. Juli sagte Kempf dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ für die am Dienstag erscheinenden Ausgaben seiner Tageszeitungen, der langsame Aufwärtstrend der Konjunktur sei „kein Grund zum Übermut“. Vor 2022 werde die deutsche Volkswirtschaft nicht wieder das Niveau der Vorkrisenzeit erreicht haben.

Es sei nun eine volle Konzentration auf die „wirtschaftliche Erholung und Stärkung der industriellen Basis“ erforderlich, fuhr Kempf fort. Bei all ihren Plänen habe sich die Politik vom „Kompass der sozialen Marktwirtschaft“ leiten zu lassen, betonte der Betriebswirt. Er forderte, jeder staatliche Einstieg in ein einzelnes Unternehmen müsse immer auch an eine klare Strategie für den Wiederausstieg gebunden sein. Die deutsche Wirtschaft beobachte die „wachsende Tendenz zum Staatsdirigismus“ mit großer Besorgnis. Eine Haltung des „Weiter so“ wie vor der Krise dürfe es nicht geben, unterstrich der Funktionär. Vielmehr sei die Corona-Pandemie ein „Weckruf“ an die Wirtschaft, einen Neustart zu beginnen. An die Politik appellierte er, „gerade jetzt“ müsse auch sie den Mut haben, die Weichen „voll und ganz“ in Richtung Zukunft zu stellen. Hierbei habe sie sich vom „Zweiklang“ führen zu lassen, die Wirtschaft zu entlasten und Investitionen wieder möglich zu machen.

Die Modernisierung der Wirtschaft werde nur in enger Kooperation mit Europa erfolgreich sein, fuhr Kempf fort. Deutschland habe die Aufgabe, sich in der Zeit seiner EU-Ratspräsidentschaft für die schnelle Verwirklichung eines digitalen europäischen Binnenmarkts stark zu machen, sagte der 67-Jährige, der dem BDI seit Anfang 2017 vorsteht. Der von der Europäischen Union angedachte „Green Deal“ könne nur als Investitions- und Wachstumsprogramm funktionieren. Die Entschlossenheit für den Freihandel und den Multilateralismus seien wichtig. Hierbei sei es aber falsch, so Kempf gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“, die Umwelt und die Wirtschaft gegeneinander auszuspielen.

Wegen der Corona-Pandemie musste die Hannover-Messe in diesem Jahr zum ersten Mal in ihrer 73-jährigen Geschichte ausfallen. Die größte Technologieschau der Welt findet 2020 am 14. und 15. Juli in Form eines reinen Online-Events unter dem Namen „Hannover Messe Digital Days“ statt. Hierbei handelt es sich um eine digitale Konferenz über Neuheiten und Zukunftstrends in den Sparten Industrie, Kommunikation, Künstliche Intelligenz, Energie und Logistik.

Redaktion poppress.de, A-1010413