Für Joybrato Mukherjee, den Präsidenten des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), steht der internationale Austausch zwischen Studenten und Wissenschaftlern vor massiven Umbrüchen.

Mukherjee sagte den Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ (RND) für deren Ausgaben vom Samstag, die Corona-Krise verdeutliche etwas, das sowieso bereits bekannt gewesen sei: in der Zeit des Klimawandels könne internationaler Austausch, auch im Bereich der Wissenschaften, nicht mehr hauptsächlich darin bestehen, dass man immer öfter Flugreisen unternehme „und entweder Dutzende Forschende aus aller Welt sich physisch treffen oder immer mehr Studierende um die Welt reisen.“

Die Wissenschaft zeige überzeugend auf, dass der Kampf gegen den Klimawandel von uberlebenswichtiger Bedeutung sei, sagte Mukherjee. „Dann müssen wir als Wissenschaft aber auch unserern Beitrag leisten“, so der Präsident des DAAD. Digitale Konferenzen und andere virtuelle Formate seien überall im Kommen. Durch die Corona-Krise werde diese Entwicklung nur noch weiter vorangetrieben. „Die Erfahrungen heute zeigen doch, dass vieles geht“, betonte er weiter. Die Pandemie verstärke noch die Wichtigkeit, diese digitalen Löungen auch in der Praxis zu verwirklichen. In diesem Sommersemester werde es „faktisch keinen physischen Erasmus-Austausch geben“. Da die entsprechenden Ausschreibungen aber mehrjährig seien, sei nun die Mölichkeit gegeben, die Studenten, die an sich jetzt ins Ausland aufbrechen sollten, auch im nächsten Jahr zusätzlich zu unterstützen. Die Universitäten müssten außerdem alle Kräfte aufbieten, um über den Weg von digitalen Formate so viel Austausch anzubieten wie nur möglich.
Längerfristig gesehen , erläuterte er, könne sich der internationale Austausch von Studenten grundsätzlich verändern. Ein virtuelles Auslandssemester sei keine „Schience-Fiction, auch wenn es sich vielleicht so anhört“, erklärte Mukherjee.Angesichts der schnellen technologischen Entwicklung schließe er nicht aus, dass es bereits in wenigen Jahren oder Jahrzehnten – etwa bis 2050 – wirklich komplett virtuelle Auslandssemester geben werde. Ein Studierender könne sich dann etwa in einem virtuellen Umfeld so bewegen, dass er das Empfinden habe, mit echten Menschen „in einem anderen Land zu kommunizieren und so auch interkulturelle Erfahrungen zu sammeln“. Der Studierende erlebe es dann so, als sei er tatsächlich in Buenos Aires oder in Barcelona, „aber er müsste nicht hinfliegen“, erläuterte Mukherjee dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Joybrato Mukherjee wurde 1973 im Rheinland geboren. Er ist Anglist und seit 2009 Präsident der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Bei seinem Amtsantritt war er der jüngste Universitätspräsident in Deutschland. Seit Anfang 2020 ist Mukherjee der Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes.

Redaktion poppress.de, A-1010413