Die Veränderung des Wahlverhaltens in den USA zugunsten der Briefwahl könnte laut Wahlforschern zu einem entscheidenden Faktor werden.

Derzeit ist in den USA im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen vom 3. November eine klare Tendenz zu einer Erhöhung der Briefwahlquote feststellbar. In einem Interview mit dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ wertete der renommierte Wahlforscher und Politikwissenschaftler Michael McDonald von der University of Florida diese Tendenz als „strategischen Vorteil“ für den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden. Im Gegensatz zu Deutschland werden die Briefwahlstimmen in den USA bereits vor dem eigentlichen Wahltermin ausgewertet. Die Briefwähler haben bislang ein eindeutiges Votum für Joe Biden abgegeben. Die Demokraten führen die aktuellen Auswertungen mit einem großen Stimmenvorsprung an. Die Werte der ersten Auswertungen haben sich in den letzten Tagen noch einmal deutlich zugunsten des Herausforderers verschoben, betont McDonald.
Auch wenn sich aus den vorläufigen Zahlen noch keine Prognose des Wahlausgangs ableiten lässt, kann doch festgehalten werden, dass es den Demokraten bei weitem besser gelungen ist, ihre potentiellen Wähler zu mobilisieren. Es wird entscheidend sein, ob Donald Trump seine Anhänger auch zur Stimmabgabe am 3. November motivieren kann.
Für die Demokraten kann diese bereits erfolgte Stimmabgabe ein erheblicher Vorteil sein, stellt der US-Wahlforscher fest. Ihre Wahl-Kampagne kann sich jetzt gezielt an die noch unentschlossenen Wähler und Wählerinnen wenden, während Trump weiterhin die Erwartungen seiner Stammwähler erfüllen muss. Trump muss also weiter provozieren, was auf die Unentschlossenen einen negativen Eindruck machen könnte. McDonald sieht bei dieser Wahlkampagne weitere grundsätzliche Unterschiede zu der letzten Präsidentschaftswahl. Das Wahlkampfbudget der Demokraten ist deutlich höher als die Mittel, die Trump zur Verfügung stehen. Dies deutet auf einen Stimmungswandel gerade in Wirtschaftskreisen hin, die sich durch die Politik zusehends in ihrer Geschäftsausübung behindert sehen. Biden kann seinen Etat jetzt regional und sozial viel gezielter einsetzen als sein republikanischer Konkurrent.
McDonald leitet in Gainsville ein Wahlforschungsprojekt, das die Daten und Werte aller Wahlleiter in den USA auswertet. Aktuell haben bereits 44 Millionen Wähler per Briefwahl abgestimmt. Verglichen mit der Wahlbeteiligung aus dem Jahr 2016 sind dies fast ein Drittel der Wähler überhaupt. In einigen Bundesstaaten hat die Anzahl der Briefwähler schon die 50 Prozent überschritten, so in Texas, New Jersey und Vermont. In den Südstaaten bleibt der Anteil der Briefwähler traditionell deutlich zurück. Ein Warnsignal dürfte für Trump der Vergleich zwischen den Wählern mit einem Parteibuch sein. Es zeichnet sich bei Trumps Kampagne eine deutliche Zurückhaltung der republikanischen Parteimitglieder ab, so McDonald. Daten zur Parteizugehörigkeit werden allerdings nur in 19 der insgesamt 50 Bundestaaten erhoben. Deshalb sind noch Verschiebungen bei der Auswertung möglich, schränkt der Wahlforscher ein, aber die Tendenz ist eindeutig. In den 19 Bundesstaaten konnten die Demokraten 10,5 Millionen ihrer Parteimitglieder bereits mobilisieren, während Trump dies nur bei 5,3 Millionen Republikanern gelang.

Redaktion poppress.de, NeoMatrix