Bundesrepublik nimmt mit Abstand unter den EU-Mitgliedsländern die meisten Flüchtlinge aus Lagern in der Türkei auf.

Die seit dem 4. April 2016 bestehende Absprache zwischen der Türkei und der EU über die Sicherung der EU-Außengrenze und die Behandlung der Flüchtlingsfrage, sieht eine Aufnahme von Kontingenten aus den türkischen Flüchtlingslagern an der griechischen Grenze vor. Bis zum 16. März 2020 konnten im Zuge des Flüchtlingsabkommens etwa 50.000 Migranten in die EU einreisen. Davon nahm die Bundesrepublik mehr als die Hälfte, nämlich 26.835 Migranten auf. Lediglich Frankreich beteiligte sich mit etwa 12.000 Flüchtlingen in einem größeren Rahmen an der Unterbringung der Eingereisten. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP hervor, über welche die „Welt“ in ihrer Ausgabe vom Mittwoch berichtet. Nach Frankreich folgen die Niederlande mit 4.571 Flüchtlingen, sowie Finnland und Schweden mit knapp 2.000 Personen. Spanien beteiligte sich mit 766 Einreiseerlaubnissen, während Österreich, Kroatien, Italien, Litauen, Luxemburg und Portugal lediglich nur knapp über 100 Flüchtlingen den Aufenthalt erlaubten.
Entsprechend der Antwort des Bundesinnenministeriums verweigerten demnach insgesamt acht EU-Mitgliedsstaaten jegliche Mitarbeit an dem Türkei-Deal: Zypern, Tschechien, Griechenland, Rumänien, Polen, Ungarn, der Slowakei und Irland. Die Teilnahme an dem Verteilungsschlüssel geschieht auf freiwilliger Basis, erklärte das Innenministerium auf Nachfrage der „Welt“. Trotz der Lastenverteilung und der fehlenden europäischen Solidarität, bekennt sich die Bundesregierung weiterhin zu den Regelungen des Flüchtlingsdeals mit der Türkei. Die Türkei trage weiterhin die Hauptlast der Unterbringung der syrischen Flüchtlinge. Insgesamt handelt es sich um 3,7 Millionen Personen, die mit der finanziellen Unterstützung der EU in türkischen Flüchtlingslagern leben. Die Absprachen mit der Türkei haben die Anzahl der illegalen Grenzübertritte deutlich reduziert, was insbesondere Griechenland erheblich entlastet habe.
Die FDP sieht in der Antwort der Bundesregierung eine Erklärung des Scheiterns der Flüchtlingspolitik der Regierungskoalition. Es ist der Bundesregierung in vier Jahren nicht gelungen, eine europäische Lösung herbeizuführen. Deutschland trägt die Hauptlast, während sich die überwiegende Zahl der Mitgliedsstaaten nur gering oder gar nicht an der Lastenverteilung beteiligen. Dies ist um so kritischer zu sehen, als alle Mitgliedsstaaten von dem Türkei-Deal profitieren, beklagt die FDP-Fraktion in einer Stellungnahme. Länder wie Deutschland oder Frankreich sind nicht länger bereit diese einseitige Belastung zu tolerieren, warnt Ulrich Lechte, FDP-Globalisierungsexperte. Die FDP sieht die EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands als Möglichkeit, eine tatsächlich europäische Strategie zu entwickeln. Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen, neben der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Türkei, sind andere Formen, wie die finanzielle Beteiligung an den Lasten oder an der EU-Grenzschutztruppe Frontex denkbar, fordert Lechte in der „Welt“.

Redaktion poppress.de, NeoMatrix