Nach den inneren Unruhen in Weißrussland appelliert die Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja Russland vor einem Eingreifen in den Konflikt.

Nachdem sich die Anzeichen für einen Machtwechsel in Weißrussland mehren und das Regime von Aljaksandre Lukaschenka gefährdet erscheint, hat sich Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja an den russischen Präsidenten Wladimir Putin gewandt. In einem Interview mit der „Bild“-Redaktion forderte die Politikerin vom Kreml die Nicht-Einmischung in die weißrussische Innenpolitik. Der Souverän in einer Demokratie ist das Volk und das weißrussische Volk nimmt für sich in Anspruch, seine Führung selbst zu wählen. Die Oppositionsführerin rief den russischen Präsidenten Putin zu Gesprächen über die gegenseitigen Beziehungen auf. Es gibt derzeit keine Kontakte zum Kreml, aber die Opposition in Weißrussland ist zu solchen Gesprächen bereit, betont Tichanowskaja.
Die Führerin des Widerstandes gegen Lukaschenka setzt derzeit auf die Bereitschaft der russischen Führung zur Kommunikation. Wir sehen aktuell keine Signale einer Intervention Russlands auf der Seite von Lukaschenka, aber wir sind auch für diesen Fall gerüstet, gibt sich die Oppositionsführerin kampfbereit und selbstbewusst. Das Regime in Weißrussland hat keine Legitimation mehr, über das Land zu herrschen. Es ist an der Zeit für Herrn Lukaschenka, mit seinen Gefolgsleuten zu gehen. Die Oppositionsführerin bekräftigt gegenüber der „Bild“-Zeitung ihren Anspruch auf das oberste Amt in Weißrussland. Das Volk hat mich in einer regulären Wahl mit dem Präsidentenamt betraut und ich bin die legitime Nachfolgerin. Auf den Begriff der Oppositionsführerin reagiert Tichanowskaja mit entschiedener Ablehnung. Wir sind keine Opposition mehr, sondern wir repräsentieren den Willen der Mehrheit des weißrussischen Volkes.
Die Zeit der Diktatur ist vorbei und wir haben in Weißrussland viel aus den letzten 24 Jahren aufzuarbeiten. Es ist wichtig, dass die Verantwortlichen für Unrecht unter dem Regime zur Verantwortung gezogen werden. Dies sind wir den Opfern schuldig, betont Tichanowskaja. Wir werden jetzt nicht nachlassen und nicht aufgeben, bevor die Repräsentanten des Regimes aus den Machtpositionen verschwunden sind. Tichanowskaja warnt die herrschende Machtelite davor, die Proteste und Unruhen im Land zu unterschätzen. Wir werden nicht weichen bis die Diktatur endlich abgetreten ist. Derzeit gibt es noch die Chance auf einen friedlichen und gewaltlosen Machtwechsel. Sollte das Regime allerdings versuchen, seine Machtposition erneut zu festigen, prophezeit die Politikerin das Ende der gewaltlosen Phase. Wer jetzt immer noch nicht verstanden hat, riskiert einen Bürgerkrieg, bei dem Belarus verlieren wird. Wir haben den festen Willen zu einer friedlichen Revolution und wollen uns nicht durch das Regime provozieren lassen. Ich rufe Lukaschenka dazu auf, einen Bürgerkrieg zu verhindern und endlich die Konsequenzen zu ziehen. Für eventuelle Neuwahlen kündigt Tichanowskaja an, zugunsten ihres inhaftierten Mannes auf eine weitere Kandidatur zu verzichten. Ich bin stellvertretend für ihn in den Wahlkampf gezogen und habe für ihn den Sieg errungen. Bei erneuten Wahlen wird er als rechtmäßiger Kandidat antreten, bekräftigt die Politikerin gegenüber „Bild“ vehement.

Redaktion poppress.de, NeoMatrix