Das Risiko schwer an Corona zu erkranken sinkt mit zunehmendem sozialen Status.

Nach der Diagnose von Fallakten von Corona-Erkrankten im Auftrag des ARD-Mittagsmagazins, zeigt sich eine deutliche Verbindung von Krankheitsrisiko und sozialem Status. Die Datenanalysebelegt eine um 84,1 Prozent erhöhte Wahrscheinlichkeit für Hartz-IV-Empfänger mit Corona-Symptomen gegenüber Arbeitnehmern in Festanstellung, ins Krankenhaus eingewiesen zu werden. Arbeitslosigkeit erscheint demnach als erhebliches Gesundheitsrisiko. Bei Empfängern des Arbeitslosengelds I steigt das Risiko eines schweren Verlaufs zwar geringer, aber immer noch um einen Wert von 17,5 Prozent. Die Studie, welche von der AOK Rheinland/Hamburg in Zusammenarbeit mit dem Institut für Medizinische Soziologie der Universität Düsseldorf durchgeführt wurde, wertete insgesamt 1,3 Millionen Datensätze von gesetzlich Versicherten aus. Für den Zeitraum der Studie vom 1. Januar bis 4. Juni 2020 wurde untersucht ob Empfänger von Arbeitslosengeld I + II häufiger von einem schweren Verlauf ihrer Corona-Erkrankung betroffen waren als versicherungspflichtig Beschäftigte. Die Forscher verwiesen bei der Präsentation ihrer Forschungsergebnisse auf den Pioniercharakter ihrer Studie. Der sozio-ökonomische Zusammenhang von Krankheitsverlauf und Corona-Infektion ist bisher ein blinder Fleck der Forschung, betont der Studienleiter Nico Dragano von Uniklinikum Düsseldorf. Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Bedarf an Forschungen zum sozialen Kontext der Virus-Erkrankung. Wir werden zunächst die Datenbasis erweitern, um die Thesen zu erhärten. Allerdings zeigt sich eine deutliche Tendenz, die bisherige wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt, dass Krankheit und gesundheitliches Risiko eine soziale Dimension besitzen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nahm trotz Nachfrage keine Stellung zu den Forschungsergebnissen. Das Bundesgesundheitsministerium unterstrich lediglich die Vorgabe der Bundesregierung alle Bürger, ohne Rücksicht auf ihren sozialen Status mit der bestmöglichen Therapie zu versorgen. Der Schutz vor Corona und die Behandlung Erkrankter ist unabhängig von sozialen Aspekten, erklärte das Ministerium gegenüber dem ARD-Mittagsmagazin. Die schriftliche Stellungnahme beinhaltete zudem den Verweis auf die Arbeiten des Robert-Koch-Instituts, das selbst Studien zum Zusammenhang von Gesundheitsrisiken und sozialer Herkunft durchführt.
Studienleiter Dragano zeigte sich mit der Antwort des Ministeriums nicht zufrieden und unterstrich die Konsequenzen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das erhöhte Gesundheitsrisiko und die geringere Lebenserwartung in Abhängigkeit von der sozialen Herkunft, wurde bislang nicht ausreichend gewürdigt warnte der Medizinsoziologe. Es bedarf eines politischen Gesamtkonzepts, das die Bereiche Gesundheit, Bildung und Sozialpolitik umfasst, um in diesem elementaren Bereich eine Chancengleichheit herzustellen. Gesundheit und Alter dürfen keine Privilegien für sozial Bessergestellte sein, fordert Dragano. Unsere Studie zeigt deutlich diesen Zusammenhang auch für die Bundesrepublik. In ähnlich angelegten wissenschaftlichen Studien in Großbritannien und den USA kamen Forscher zu dem Ergebnis, dass es einen klaren Zusammenhang von Bildungsgrad, Einkommen und Corona-Todesrate gibt.

Redaktion poppress.de, NeoMatrix