Der Philosoph Richard David Precht legt den Finger in die Wunde und mahnt bei den Pandemie-Maßnahmen Augenmaß an.

Es sind aktuell nur wenige hundert Menschen, die in Deutschland gravierende Probleme mit dem Corona-Virus haben. Angesichts dieser Tatsache ist es nach Ansicht von Precht eine Überlegung wert, ob das gesamte Leben in Deutschland so nachhaltig eingeschränkt werden muss. Er sieht gegenüber dem Handelsblatt, dass „ganz offenkundig in Teilen überreagiert“ wurde. Dazu kommt seiner Meinung auch, dass es einen zweiten Shutdown in dieser Form nicht mehr geben kann und auch geben darf, wenn bereits der erste die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession getrieben hat.
Weltweit seien mittel- und unmittelbar mehr als 400.000 Menschen an dem Virus gestorben. Gleichzeitig seien aber im gleichen Zeitraum mehrere Menschen an Unterernährung gestorben. Precht will an dieser Stelle nicht das eine gegen das andere Menschenleben aufrechnen, verweist aber darauf, dass während der Pandemie noch weitere Katastrophen auf der Welt akut sind. Er sieht angesichts der starken medialen Präsenz der Corona-Pandemie die Gefahr, dass andere globale Probleme, wie die Folgen durch den Klimawandel, aus den Augen verloren werden. Precht wünscht sich hier „nur zehn Prozent der Corona-Rigorosität“ als Einsatz für eine bessere Klimapolitik. Bei solch einem Investment sieht der Philosoph einen unmittelbaren Erfolg und eine schnelle Erholung des Klimas auf dieser Erde. Aufgabe der Grünen sei es genau hier der Finger zu heben und mahnend einzugreifen. Aus seiner Sicht wurde das aber durch die Umweltpartei versäumt und er geht sogar noch weiter und betrachtet die Grünen als die „ politisch (…) größte Enttäuschung der ganzen Seuche“. Er sei „entsetzt darüber, wie rasant sich diese Partei selbst entzaubert“ habe. Ebenfalls empfindet Precht den Beifall für die Krankenschwestern und Altenpfleger als scheinheilig, vor allem wenn nach Beendigung der Krise an den Arbeitsbedingungen in den Pflegeberufen nichts geändert wird. Hier wünscht er sich verbesserte Arbeitsbedingungen und vor allem auch einen gerechten Lohn. Zur Kasse bitten will Precht dabei die großen Tech-Konzerne. Für ihn ist es mehr als gerecht, dass wenn auf der einen Seite riesige Rettungspakete geschnürt werden, auf der anderen auch die zur Kasse gebeten werden, die an der Krise weiterhin gut verdient haben. Geschieht dies nicht, dann sieht der Philosoph ein Sterben der Städte und in Folge ein weniger an Gemeinschaftsraum mit der Gefahr, dass am Ende auch die Demokratie nicht überlebt.

Redaktion poppress.de, A-1005145