Gewerkschaften sprechen sich für Sonderregelungen für Arbeitnehmer aus, die an gesundheitlichen Beeinträchtigungen infolge einer Corona-Infektion leiden.

Wer durch die Spätfolgen einer überstandenen Corona-Erkrankung seiner beruflichen Tätigkeit nur noch unter Einschränkungen nachgehen kann, muss durch den Gesetzgeber vor einer drohenden Arbeitslosigkeit geschützt werden, fordert Anja Piel, Vertreterin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gegenüber der Funke-Mediengruppe. Gerade bei Beschäftigten im Pflegebereich, Zustelldienst oder im Einzelhandel sind durch ihre häufigen beruflichen Kontakte besonders durch Corona gefährdet. Sie dürfen nicht auch noch durch ihren Einsatz in systemrelevanten Bereichen durch existenzielle Risiken wie den Verlust ihres Arbeitsplatzes bestraft werden.
Der DGB plädiert daher für eine Reform des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM), um Härtefälle auszuschließen. Eine schwere Corona-Erkrankung zieht häufig gesundheitliche Einschränkungen nach sich, die einen besonderen Schutz der Betroffenen notwendig machen, appelliert das DGB-Vorstandsmitglied. Die Anwendung des Eingliederungsmanagements soll deshalb entsprechend einem Entwurf des DGB auf alle Branchen ausgeweitet werden. Damit hätten Betroffene einen Rechtsanspruch auf Maßnahmen zur Wiedereingliederung und wären vor einer Kündigung geschützt. Zur Durchsetzung der Rechtsnorm sollen die Unternehmen und Betriebe gesetzlich zur Anwendung verpflichtet werden. Ein Zuwiderhandeln könnte dann als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden und Sanktionen ausgesprochen werden. Die Durchführung des Eingliederungsmanagements soll laut DGB an die Einschaltung des Betriebsarztes oder der medizinischen Abteilung eines Unternehmens gebunden werden. Für Kleinbetriebe ohne eigene medizinische Kompetenz fordert der DGB eine kostenfreie Begutachtung durch Fachpersonal der Rentenversicherung. Falls der Betroffene eine Behinderung aufweist, sieht der Entwurf der Gewerkschaften die Einschaltung des Integrationsamtes vor.
Zusätzlich zu den physischen Folgen einer Covid-19-Erkrankung sollen auch die psychischen und sozialen Faktoren in das Eingliederungsmanagement einfließen. Eine Corona-Erkrankung stellt ein erhebliches psychisches und sozialen Risiko dar, erklärt Piel. Die Maßnahmen zur Wiedereingliederung in das Berufsleben müssen diese Aspekte entsprechend berücksichtigen. Unter den Schutz des Eingliederungsmanagements fallen derzeit Arbeitnehmer, die für einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen krankheitsbedingt ausfallen oder die wiederholt von Arbeitsunfähigkeit betroffen sind. Diese Regelungen wurden im Jahr 2004 im Arbeitsrecht verankert. Allerdings fallen derzeit nach Zahlen, die durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin veröffentlicht wurden, nur etwa 50 Prozent der Arbeitnehmer unter das Eingliederungsmanagement. Der DGB fordert daher eine Ausweitung der Gültigkeit und einen verbindlichen Anspruch für alle Arbeitnehmer. In der Situation, in der wir uns aktuell befinden und unter den besonderen Bedingungen der Corona-Pandemie, kann die Konsequenz nur sein, dass wir den betrieblichen Kündigungsschutz in diesem Sinne auf alle Bereiche ausdehnen, fordert die DGB-Vertreterin gegenüber der Funke-Mediengruppe. Das Risiko einer Infektion, welches in systemrelevanten Branchen besteht, darf nicht einseitig zulasten der Menschen gehen, die das Funktionieren unseres Systems sicherstellen. Hier ist Solidarität auch vonseiten der Arbeitgeber gefordert, die eine besondere Verantwortung für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter tragen, befindet Piel. Das betriebliche Eingliederungsmanagement bietet die Möglichkeit die sozialen Folgen der Pandemie in den Griff zu bekommen und die Anpassung der gesetzlichen Regelungen wäre ein starkes Signal einer funktionierenden Solidargemeinschaft.

Redaktion poppress.de, NeoMatrix