Wegen des demografischen Wandels in Deutschland sieht die Bundesagentur für Arbeit einen Arbeitskräftemangel ungeahnten Ausmaßes voraus.

Daniel Terzenbach, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, prophezeite in einem am Montag erschienenen Interview mit „Zeit Online“, die Bundesrepublik stehe vor einem „Kahlschlag auf dem Arbeitsmarkt“. Jahr für Jahr würden bis zu 900.000 Fachkräfte aus der Bundesrepublik abwandern.

Dies seien nicht nur deutsche Staatsangehörige. Auch zahlreiche ausländische Fachkräfte könne Deutschland nicht mehr länger an sich binden, da deren Herkunftsländer, darunter etwa Bulgarien, Polen und Rumänien, gezielte Programme auflegten, um diese Menschen zurückzuholen. Hierdurch komme es am Arbeitsmarkt zu Lücken, die sich in Zukunft „nur noch mit Zuwanderung“ schließen ließen, erklärte Terzenbach. Deutschland brauche „eine gezielte Einwanderungspolitik“, so der Vorstand der Nürnberger Behörde weiter, und müsse sich in der ganzen Welt auf die Suche nach Fachkräften begeben. Hierbei werde es zu einem Wettbewerb mit den angelsächsischen Staaten, Japan und China antreten. Dies seien Länder, die auf jahrzehntelange Erfahrungen mit einer gesteuerten Einwanderung zurückblicken könnten. Um in einem solchen Wettbewerb bestehen zu können, sei ein gesellschaftlicher Wandel erforderlich. Deutschland benötige „eine echte Willkommenskultur“, ansonsten werde es diesen Wettbewerb verlieren, warnte Terzenbach. Eine bloße „Akzeptanzkultur“, wie sie in der Bundesrepublik gegenwärtig vorhanden sei, werde in Zukunft nicht mehr ausreichend sein, um die Menschen im Land zu halten. In der gesamten deutschen Gesellschaft müsse „ein echter Wille“ bestehen, Ausländer willkommen zu heißen. Nur dies trage „zum Wohlstand aller“ bei, betonte Terzenbach, der im Jahr 2015 für die Integration geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt verantwortlich war.

Auch weiterhin werde die Lage am Arbeitsmarkt von der Corona-Pandemie dominiert, sprach der 41 Jahre alte Manager ein weiteres Thema an. Die nächsten Monate würden hierdurch schwierig. Covid-19 habe „einen Keil in den Arbeitsmarkt getrieben“, der dazu geführt habe, dass einerseits Fachkräftemangel herrsche, etwa im Pflegebereich oder im IT-Sektor, dass aber andererseits eine Million Bürger seit über einem Jahr ohne Arbeit seien. All diese Menschen so zu qualifizieren, dass sie problemlos eine neue Anstellung finden könnten, sei nicht zu schaffen. „Das ist die bittere Wahrheit“, unterstrich Terzenbach im Interview mit „Zeit Online“ und machte deutlich, es werde immer einen bestimmten Grundstock an Menschen geben, die mit den immer weiteren Anforderungen in allen Berufsfeldern und auch mit der hohen Geschwindigkeit in einer digitalen Welt nicht Schritt halten könnten. Aus diesem Grund, so Terzenbach, der 2019 in den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit berufen wurde, existiere ein sozialer Arbeitsmarkt für langzeitarbeitslose Menschen zu Recht.

Redaktion poppress.de, A-1010413