Infratest-Studie: Zustimmung zur Großen Koalition fällt auf historischen Tiefstand

Auf der Koalitionsklausur in Würzburg bemühte sich die Regierung noch um Geschlossenheit, doch schon zu Wochenbeginn brechen neue Konflikte auf, etwa über Bürgergeld und Steuerfragen.

03.09.25 18:03 Uhr | 3 mal gelesen

Laut einer aktuellen Infratest-Umfrage ist die Zufriedenheit der Wählerinnen und Wähler mit der Regierungskoalition auf den niedrigsten Stand seit deren Amtsantritt gesunken. Nur 18 Prozent äußern sich mit dem respektvollen Umgang der Koalitionsparteien zufrieden oder sehr zufrieden, während 77 Prozent wenig oder keine Zufriedenheit zeigen. Auch die allgemeine Zufriedenheit mit der Bundesregierung ist 100 Tage nach Start der Schwarz-Roten Koalition um weitere 7 Punkte gefallen: Lediglich 22 Prozent geben an, mit der Regierungsarbeit zufrieden zu sein. Zum Vergleich: Die Ampelkoalition lag im April 2022 noch bei 47 Prozent Zustimmung. Beide Regierungsparteien schneiden in der Bewertung ähnlich ab. Jeweils knapp drei von zehn (29 Prozent) Befragten sind mit der Leistung von CDU/CSU bzw. SPD einverstanden, etwa zwei Drittel äußern jedoch Kritik. In hypothetischen Bundestagswahlen käme die CDU/CSU derzeit auf 27 Prozent der Stimmen (unverändert), die AfD würde mit 25 Prozent ihren bisherigen Bestwert erreichen (+1). Die SPD liegt aktuell bei 14 Prozent (+1), während die Grünen auf 11 Prozent zurückfallen (-1). Die Linke hält 10 Prozent. Die FDP (3 Prozent, -1) und das Bündnis Sahra Wagenknecht (4 Prozent, +1) würden laut aktueller Umfrage den Einzug in den Bundestag verpassen. Unter den Regierungsmitgliedern erhält Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit 60 Prozent weiterhin die besten Bewertungen. Mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sind aktuell 33 Prozent zufrieden, Außenminister Johann Wadephul (CDU) erreicht 35 Prozent. SPD-Politiker Lars Klingbeil erzielte 31 Prozent Zufriedenheit, Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) folgt mit 29 Prozent. CSU-Innenminister Alexander Dobrindt erhält 25 Prozent, AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla 20 Prozent. Die Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek kommt auf 19 Prozent. Jens Spahn (CDU/CSU) und Britta Haßelmann (Grüne) erhalten nur 12 Prozent Zustimmung. Die Umfrage wurde Anfang September unter 1.342 Personen durchgeführt.

Die aktuelle Infratest-Befragung dokumentiert eine wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den Regierungsparteien CDU/CSU und SPD. Ursachen für das Vertrauensdefizit sind laut Medienanlayse anhaltende Differenzen innerhalb der Koalition, kontroverse Debatten zu Sozial- und Steuerfragen sowie eine gestiegene Wahrnehmung von mangelnder Lösungsorientierung—insbesondere vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Unsicherheiten und internationaler Spannungen (z. B. Ukraine-Krieg, Klimakrise). Hinzu kommt eine veränderte Parteienlandschaft, in der populistische Positionen (AfD, BSW) stärker an Bedeutung gewinnen und etablierte Kräfte wie FDP und Grüne an Rückhalt verlieren. In aktuellen Nachrichten werden zudem die steigenden Inflationszahlen und die drohende Rezession als Gründe für die politische Unzufriedenheit genannt, ebenso wie der Eindruck von gegenseitigen Blockaden bei zentralen Reformprojekten. Debatten um Flüchtlingspolitik, Steuererhöhungen oder das Bürgergeld verschärfen die Polarisierung in der Bevölkerung. Die Spitzenbewertungen für Verteidigungsminister Pistorius spiegeln sowohl die Relevanz sicherheitspolitischer Themen als auch eine Sehnsucht nach handlungsstarken Persönlichkeiten wider.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

Ein umfangreicher Artikel der 'Frankfurter Allgemeine Zeitung' diskutiert die tiefgreifende Vertrauenskrise zwischen Wählern und der amtierenden Bundesregierung. Der Beitrag analysiert, wie vor allem die Auseinandersetzungen um die Haushaltsplanung und der Umgang mit sozialen Härten das Ansehen der Regierung beschädigen (Quelle: FAZ).

Die 'Süddeutsche Zeitung' berichtet über einen neuen Rekordtiefstand bei der Zustimmung zur Koalition und beleuchtet dabei insbesondere die Rolle anhaltender Streitthemen wie das Bürgergeld sowie die Schwächen in der Krisenkommunikation der Regierung (Quelle: SZ).

Die 'Zeit' hebt hervor, dass die Unzufriedenheit mit der Regierungsarbeit auch in einer Zunahme rechtspopulistischer Einstellungen resultiert. In einer ausführlichen Analyse werden die Folgen für das Parteiensystem und die Möglichkeiten einer Trendwende durch mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung diskutiert (Quelle: Zeit).

Schlagwort aus diesem Artikel