Nordrhein-Westfalen plant Bundesratsinitiative für härtere Strafen bei Kindesmissbrauch.

Ein Referentenentwurf des Justizministeriums von Nordrhein-Westfalen, den die Landesregierung für die Bundesratssitzung vom 3. Juli vorbereitet hat, schlägt eine umfassende Verschärfung der rechtlichen Sanktionen bei Kindesmissbrauch vor. Wie die „Welt“ berichtet, sieht der Vorschlag als zentralen Punkt die Anhebung der Mindeststrafe bei Kindesmissbrauch von sechs Monaten auf ein Jahr Freiheitsentzug vor. Dazu müsste der Strafrechtsparagraph 176 entsprechend abgeändert werden.
Die Verdopplung der Mindeststrafe hat erhebliche juristische Konsequenzen. Statt eines Vergehens, würde Kindesmissbrauch grundsätzlich als Verbrechen gewertet. Eine parallele Verschärfung sieht der Entwurf auch für den Bereich der Verbreitung Kinderpornographischer Schriften vor. Der Besitz und die Verbreitung von entsprechendem Material würden in Zukunft ebenfalls grundsätzlich als Verbrechen geahndet. Die rechtliche Bewertung als Verbrechen schließt die Einstellung von Verfahren gegen Geldstrafe und die Verhängung von Bewährungsstrafen aus. Eine Verurteilung wegen Kindesmissbrauch hätte automatisch eine Freiheitsstrafe zur Folge, wovon sich das Land Nordrhein-Westfalen einen höheren Abschreckungsgrad verspricht. Der stellvertretende Ministerpräsident und Familienminister Joachim Stamp unterstreicht das Signal, das von der Verschärfung ausgehen soll. Niemand der sich an der Vergewaltigung eines Kindes in irgendeiner Form beteiligt, kann mehr damit rechnen auf Bewährung in sein normales Leben zurückzukehren. Kinderpornographie ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine aktive Unterstützung von Missbrauch und muss als solche verfolgt werden, fordert der FDP-Politiker gegenüber der „Welt“.
Unser Referentenentwurf schließt die juristischen Lücken, die Täter bisher benutzen konnten, um einer gerechten Strafe zu entgehen. Jeder Missbrauch zerstört ein oder mehrere Leben. Dies müssen wir bei der Bewertung und juristischen Verfolgung im Auge behalten. Sexuelle Gewalt gegen Kinder ist leider keine Ausnahme, sondern ein strukturelles Problem. Die Vorfälle von Lügde, Bergisch Gladbach und Münster zeugen von diesem gesellschaftlichen Problem. Stamp verweist auf die polizeilichen Statistiken, die für das Land Nordrhein-Westfalen allein im Jahr 2019 über 2.800 registrierte Fälle auflistet. Damit stiegen die Fallzahlen gegenüber 2018 um 15,8 Prozent.
Die Verfolgungsbehörden nehmen in den letzten Jahren eine Verlagerung der Aktivitäten hin zur Vernetzung und Nutzung von sozialen Netzwerken. Damit wurde das Material überall und zeitlich unbegrenzt zugänglich. Die Schwierigkeiten an entsprechendes Material zu kommen, wurde durch die Möglichkeiten des Internets erheblich nach unten korrigiert, warnt der Familienminister. Der nordrhein-westfälische Gesetzesentwurf konstatiert deshalb ein Absinken der Hemmschwelle bei den potentiellen Tätern durch die Rahmenbedingungen des Internets. Das Abrufen von Bildern und Videos fördert die reale Bedrohung von Kindern, Opfer von Missbrauch zu werden, heißt es in dem Entwurf. Die mediale Verbreitung führt zu einer erheblichen Ausweitung der potentiellen Täterkreise bis in die Mitte der Gesellschaft. Bei kommerziellen Angeboten entstehe durch die Marktgesetzte zudem ein Bedarf nach immer neuen Darstellungen, der zu weiteren Missbräuchen und Straftaten führe.
Der Referentenentwurf richtet sich somit auch gegen Täter, die aus gewerbs- und bandenmäßigen Gründen handeln und selbst nicht in die Vorfälle direkt eingebunden sind. Auch die Mitgliedschaft in Gruppen bei sozialen Netzwerken, die eine Verbreitung von kinderpornographischem Material zum Ziel haben, muss unter Strafe gestellt und mit dem Straftatbestand gleichbehandelt werden, führt der stellvertretende Ministerpräsident gegenüber der „Welt“ weiter aus.

Redaktion poppress.de, NeoMatrix