Der Deutsche Kinderschutzbund ist im Grundsatz für härtere Strafen im Kampf gegen sexualisierte Gewalt, die gegen Kinder gerichtet ist. In Anbetracht des heute von der Bundesregierung hierzu beschlossenen Gesetzentwurfs warnt er aber vor reiner Symbolpolitik.

Heinz Hilgers, der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, erklärte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ für die am Donnerstag erscheinenden Ausgaben der Tageszeitungen des Verbandes, er „begrüße“ die Verschärfungen des Strafrechts im Prinzip. Härtere Strafen seien ein geeignetes Mittel, besonders „den Betroffenen Genugtuung“ zu verschaffen.

Allerdings seien, so Hilgers weiter, die Polizei und die Justiz wegen der großen Menge des Materials, das sexualisierte Gewalt gegen Kinder darstelle, bereits jetzt „an den Grenzen ihrer Belastbarkeit“ angelangt. Verschärfungen des Strafrechts seien „nicht mehr als Symbolpolitik“, wenn man die ermittelnden Behörden nicht besser ausstatte und den Verfolgungsdruck auf die Täter erhöhe.

Eine ähnliche Kritik äußerte auch Sven Rebehn, der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes. Er stellte fest, es sei deutlich zu kurz gegriffen, „im Kampf gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie“ in erster Linie auf Verschärfungen der Strafen zu setzen. Rebehn sagte dem „Redaktionsnetzerk Deutschland“, höhere Strafrahmen allein bewirkten nur wenig. Potenzielle Täter ließen sich nur „durch ein erhöhtes Risiko, entdeckt und verurteilt zu werden“, davon abschrecken, ihre Tat auch tatsächlich zu begehen. Aufgrund der schnell steigenden Fallzahlen in dem Bereich brauche es hier vor allem „besser ausgestattete Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte“ und effektive Befugnisse bei den Ermittlungen.

Am Mittwoch hat das Bundeskabinett sich auf einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder geeinigt. Unter anderem sieht der Entwurf aus dem Haus von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) vor, die Verbreitung von Kinderpornografie zukünftig nicht mehr als ein Vergehen, sondern als ein Verbrechen einzustufen und mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zu belegen. Sexualisierte Gewalt gegen Kinder soll in Zukunft mit bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Bisher sind dies maximal zehn Jahre.

Hierzu sagte Rebehn dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“, hinsichtlich der gegebenen Ermittlungsmöglichkeiten beinhalte der nun auf den Weg gebrachte Gesetzentwurf der Bundesregierung zwar etliche wesentliche Fortschritte. Er bemängelte aber, es fehle den Ermittlern immer noch eine rechtssichere Regelung hinsichtlich der Verkehrsdatenspeicherung. Besonders bei Fällen von Kinderpornografie könne „ein Zugriff auf die Datenspuren Verdächtiger“ dabei hilfreich sein, Netzwerke von Tätern schneller zu enttarnen und somit einen „fortgesetzten Missbrauch zu verhindern“, bemerkte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes. Wenn es keine Mindestspeicherzeiten für Kommunikationsdaten gebe, dann, so Rebehn, erschwere dies „die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder“ erheblich.

Heinz Hilgers, der Präsident des Kinderschutzbundes, kritisierte am neuen Gesetz, es fehle immer noch ein aufrichtiges Bemühen von Seiten des Bundes und der Länder, eine kindgerechte Justiz zu etablieren. Es finde vielmehr eine „permanente Retraumatisierung der Kinder statt“. Hilgers verlangte die Schaffung von spezialisierten Schwerpunktstaatsanwaltschaften und -gerichten für Fälle von sexualisierter Gewalt. In Zukunft müsse es ausreichen, ein betroffenes Kind nur einmal von besonders geschulten Staatsanwälten und Richtern zu befragen. Die Aussage des Kindes solle auf Video festgehalten werden und das Kind „dann sehr schnell therapeutische Hilfe“ erhalten, forderte Hilgers. Außerdem müsse es mehr Prävention und einen besserten Jugendmedienschutz geben, und die Kinderrechte müssten im Grundgesetz festgeschrieben werden.

Redaktion poppress.de, A-1010413