Der Deutsche Ethikrat bewertet die Erlaubnis der schnellen Wiederaufnahme des Betriebs der Fußball-Bundesligen sehr skeptisch.

In den Vordergrund stellt Steffen Augsberg vom Deutschen Ethikrat bei der Debatte um die Wiedereröffnung der Spiele der Bundesliga einen einzelnen Punkt: dass überhaupt so viel Energie auf diese Auseinandersetzung verwendet worden sei. Für Augsberg sei klar, dass da eine gelungene Lobby-Arbeit im Hintergrund stünde. Anderenfalls könne man sich nicht erklären, wieso dieser Zweig derart viel Aufmerksamkeit erhalten habe. Augsberg wies gleichzeitig daraufhin, dass mit dem Ausmaß der Diskussionen um die Bundesliga auch klar werde, wie weit man in diesen Wochen von der Normalität entfernt sei. Dies teilte das Mitglied des Deutschen Ethikrats im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ mit.

Der Fußball werde aus seiner Sicht gehätschelt, auch wenn viele Bundesbürger nun mal ein besonderes Faible für ihn besäßen. Für die Gesamtbevölkerung aber sei es quasi irrelevant, ob nun Spiele der beiden Bundesligen stattfänden oder nicht. Steffen Augsberg ist Rechtsprofessor und schon seit langen Jahren Teil des Deutschen Ethikrats. Andere Teile der Bevölkerung in Deutschland seien viel stärker und vor allem existenzieller von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen, führte Augsberg weiter aus. Für ihn erscheine es deutlich sinnvoller, dass Kinder wieder draußen zusammen spielen könnten, als dass die Bundesligen wieder ihren Betrieb aufnähmen. Zudem werde die wirtschaftliche Bedeutung des Profifußballs in Deutschland maßlos überschätzt. Selbst wenn man die indirekt von ihm Profitierenden mit ins Kalkül zöge, sei es immer noch marginal, was die Umsätze und die Zahl der Beschäftigten angehe.

Weitere Bereiche, die viel eher Unterstützung benötigten als die Millionäre in kurzen Hosen seien beispielsweise alles, was in der Gastronomie zu tun hat. Regionale Unterschiede bei den nun anstehenden Lockerungen in diesem und anderen Bereichen begrüßte Augsberg hingegen sehr. Die föderale Struktur der Bundesrepublik ermögliche ja gerade derartige unterschiedliche Vorgehensweisen. Wenn sich die Infektionszahlen derart stark unterschieden wie zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Bayern, sei es eben auch angezeigt und erst recht vertretbar, mit anderen Maßnahmen auf die Situation vor Ort zu reagieren.

In seiner Funktion im Deutschen Ethikrat berät Augsberg aktuell die Bundesregierung, die offenbar vielen seiner Einwürfe gefolgt ist, wie die jüngsten Meldungen zu den Lockerungen der Einschränkungen zeigen.

Redaktion poppress.de, Stiggy