Wirtschaftsministerium informierter als angenommen über Northvolt-Krise

Neue Enthüllungen zeigen: Das Bundeswirtschaftsministerium war über die Probleme beim Batteriehersteller Northvolt deutlich früher im Bilde, als bisher dargestellt.

10.09.25 09:06 Uhr | 3 mal gelesen

Medienberichten zufolge wurde das Bundeswirtschaftsministerium bereits im November 2023 durch Northvolt über gravierende Produktionsprobleme ins Bild gesetzt, wie ein vertraulicher Bericht des Bundesrechnungshofs belegt, dessen zentrale Ergebnisse am Mittwoch im Haushaltsausschuss präsentiert werden. Im selben Monat bat das inzwischen insolvente Unternehmen darum, die Rückzahlung der ersten Kreditrate eines seit 2020 durch den Bund abgesicherten Darlehens um ein halbes Jahr auszusetzen, mit der Begründung von Verzögerungen beim Produktionshochlauf. Der jährlich tagende interministerielle Ausschuss unter der Leitung des Wirtschaftsministeriums genehmigte den Zahlungsaufschub. Dies bedeutet, dass das Ministerium unter Robert Habeck etwa sechs Monate vor den bislang kommunizierten Zeitpunkten von den Schwierigkeiten wusste. Dennoch hält das Ministerium weiterhin daran fest, die Probleme erst ab Sommer 2024 gekannt zu haben. Unklar bleibt, ob das Ministerium schon von Northvolts prekärer Situation wusste, als der Bund Ende Oktober 2023 eine Bürgschaft über 600 Millionen Euro unterzeichnete. Schon im Frühjahr 2023 gab es einen Aufschub bei einer Rückzahlung, zudem sollte eine Wirtschaftsprüfung Kostenerhöhungen und Verzögerungen bewerten. Eine Kommentar seitens Habecks oder des Ministeriums blieb aus. Der Haushaltsausschuss hatte Habeck eingeladen, der seiner Einladung nicht folgen konnte. Northvolt wurde lange als Hoffnungsträger der europäischen Batteriezellenfertigung angesehen, erhielt hohe Bürgschaften von Bund, Land Schleswig-Holstein und der Europäischen Investitionsbank. Das Scheitern des Unternehmens samt der geplanten Gigafabrik in Heide könnte den deutschen Staat mehr als eine Milliarde Euro kosten.

Recherchen diverser Medien bestätigen, dass das Bundeswirtschaftsministerium früher über die wirtschaftlichen und operativen Schwierigkeiten bei Northvolt informiert war, als bislang an die Öffentlichkeit kommuniziert wurde. Diese Offenbarung wirft erhebliche Fragen zum Umgang mit staatlichen Bürgschaften, Transparenz und Kontrollmechanismen bei großen Industrieprojekten auf. Inzwischen wird politisch und medial intensiv diskutiert, ob Prüfverfahren und die Kommunikation zwischen Politik und Wirtschaft im Zuge der Energiewende angepasst werden müssen. Aktuelle Berichte unterstreichen die Bedeutung von Northvolt in der europäischen Batterieproduktion und beleuchten, wie kritisch Fehlinvestitionen dieser Größenordnung für die Energiewende und den Industriestandort Deutschland sind. Experten fordern dabei mehr Kontrolle und Risikomanagement für Staatsgarantien, während Politiker Konsequenzen im Umgang mit künftigen Subventionsentscheidungen diskutieren. Zusätzlich wurde publik, dass viele Förderentscheidungen unter Zeitdruck erfolgen, weshalb jetzt verstärkt Forderungen nach mehr Transparenz und parlamentarischer Kontrolle im Umgang mit Steuergeldern laut werden.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

Der Spiegel berichtet detailliert über die Vorwürfe gegen das Wirtschaftsministerium, die mangelnde Transparenz im Umgang mit der Northvolt-Krise und die politischen Verwerfungen rund um die Fördergelder für den Batteriehersteller. Zudem wird beleuchtet, wie der Fall Northvolt den Umgang mit staatlichen Bürgschaften in Zukunft beeinflussen könnte. Quelle: Der Spiegel

Die FAZ analysiert die möglichen Folgen des Northvolt-Scheiterns für die deutsche und europäische Industriepolitik. Im Fokus steht, welche Konsequenzen für den Subventionsprozess und die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen und Start-ups gezogen werden müssen. Quelle: FAZ

Die Süddeutsche Zeitung fasst die Debatte um die Verantwortung des Wirtschaftsministeriums und die millionenschweren Steuerrisiken zusammen. Ergänzt wird dies durch Stimmen von Oppositionspolitikern, die eine Aufarbeitung und strengere Regularien fordern. Quelle: Süddeutsche Zeitung

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