Der Menschenrechtsaktivist Peter Steudtner, der vor drei Jahren wegen mutmaßlichen Verdachts des Terrorismus in der Türkei inhaftiert war, hat die deutsche Politik und Wirtschaft zu mehr Engagement gegen die Verletzungen der Menschenrechte in der Türkei aufgerufen.

Steudtner erklärte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ für dessen am Donnerstag erscheinende Tageszeitungen, besonders die Verbindung von wirtschaftlichen Interessen und Menschenrechten sei ein Bereich, in dem Deutschland noch wesentlich mehr unternehmen könne, besonders auch die Politik. Dort seien deutlichere Botschaften notwendig. „Da ist Spielraum nach oben“, so Steudtner.

Im Detail regte Steudtner an, der Bund solle Bürgschaften für deutsche Unternehmen von der Umsetzung von Menschenrechten in der Türkei abhängig machen. Deutsche Unternehmen sollten darüber nachdenken, ob ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten in der Türkei mit ihren ethischen Grundsätzen zu verbinden sei. Selbstverständlich sei es „sinnvoll, im Kontakt zu bleiben“, ansonsten könne man keinen Einfluß ausüben. Aber von Seiten Deutschlands müsse deutlich gemacht werden, dass es größere Investitionen in der Türkei und wirtschaftliche Zusammenarbei mit der Türkei zukünftig nur noch geben werde, wenn sich die Lage der Menschenrechte dort deutlich verbessere.

Der Menschenrechtsaktivist beschuldigte die Türkei nach der Vertagung des Verfahrens gegen den deutschen „Welt“-Journalisten Deniz Yücel, derartige Verzögerungen gezielt als Druckmittel zu verwenden. „Die Vertagungen gehorchen einer Strategie der Repression“, erklärte Steudtner dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Sie würden eingesetzt, um den finanziellen Aufwand für die Angeklagten zu erhöhen und deren psychische Belastung aufrecht zu erhalten. „Das hält uns nicht davon ab, weiter Menschenrechtsarbeit zu machen“, untertrich er. Aber das sei natürlich teilweise durchaus „zermürbend.“ Immerhin werde die Arbeit im Menschenrehtsbereich durch eine Anklage wegen Terrorunterstützung nicht gerade einfacher. Es sei bekannt, dass das Justizministerium in der Türkei per Interpol auch auf Menschen außerhalb des Landes Zugriff nehme. Das könne ihnen ebenfalls geschehen, und „deshalb sind wir extrem vorsichtig“, so Steudtner.

Der heute 48 Jahre alte Politologe und Dokumentarfilmer Peter Steudtner und neun andere Menschenrechtsaktivisten waren am 5. Juli 2017 während ihrer Teilnahme an einem Workshop auf der Istanbul vorgelagerten Insel Büyükada wegen Terrorverdachts festgenommen worden. Nach einer ersten Anhörung im Oktober 2017 kamen er und die anderen frei, Steudtner verließ die Türkei. Die Anklage gegen ihn wurde jedoch aufrechterhalten. Der Prozess gegen ihn, der in Berlin lebt, wurde im Februar und abermals im April verschoben.

Redaktion poppress.de, A-1010413