Die Londoner Regierung setzt weiter auf den Abschluss eines Handelsvertrags mit der EU.

Der Abschluss eines Brexit-Deals setzt voraus, dass die Verhandlungspartner bereit sind, auf die gegenseitigen Interessen einzugehen. Die EU muss verstehen, dass Großbritannien kein korporiertes Mitglied der europäischen Gemeinschaft mehr ist, sondern ein selbständiger Faktor, urteilt der diplomatische Vertreter Großbritanniens in Berlin, Sebastian Wood, gegenüber der RTL/n-tv-Redaktion. Großbritannien strebt ein Handelsabkommen parallel zu den Abkommen der EU mit Kanada oder Japan an. Wir sehen diese Verträge als Vorbilder für die Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Verhandlungspartnern an, betont Wood. Ich erwarte auf der Seite der EU-Unterhändler mehr Flexibilität und Verständnis für die Souveränität Großbritanniens und die Einsicht, dass es keinen Sonderstatus geben wird. Auf dieser Grundlage wird es sehr bald zu einem erfolgreichen Abschluss eines Brexit kommen.
Wir sind nicht aus der EU ausgetreten, um jetzt eine Art Juniorpartner zu werden, beklagt der Diplomat die starre Verhandlungsführung der Gemeinschaft. Hoffnung setzt Wood nun auf die deutsche Präsidentschaft im Europäischen Rat. Unter der Federführung von Kanzlerin Angela Merkel kann wieder Bewegung in die stockenden Verhandlungen gebracht werden. Merkel ist eine Realpolitikerin erster Güte und kann die Brexit-Verhandlungen moderieren und entscheidend voranbringen. Die Bundesregierung hat bereits früher gezeigt, dass sie eine Sensibilität für die schwierige Situation hat.
Der britische Botschafter in Deutschland, der nach fünf Jahren in Berlin seinen Posten im September abgeben wird, bewertet das Zustandekommen eines Brexit-Abkommen jedoch nicht als existenziell. Großbritannien wird auch mit einem harten Brexit ohne Handelsabkommen leben können. Es würde viel erleichtern, aber es ist nicht absolut notwendig. Es wird ein Miteinander in der Realität geben, ob mit oder ohne Brexit-Abkommen, ist sich Wood in der Sendung „Frühstart“ sicher. Die Bedeutung der Verhandlungen hat sich angesichts der globalen Lage relativiert. Es gibt Aufgaben, die ich als weitaus wichtiger und von größerer Tragweite als den Brexit einstufe. Hierzu gehören die weiter Entwicklung der Corona-Pandemie, die Frage der Begrenzung der Treibhausgase oder die Zukunft der Globalisierung. Insbesondere unsere Beziehungen zu China werden die nächsten Jahre prägen.

Redaktion poppress.de, NeoMatrix