Gregor Gysi (Die Linke) hat seine Partei dazu aufgerufen, in ihrer Außen- und Sicherheitspolitik Kurskorrekturen vorzunehmen, um die Aussichten auf das Zustandekommen einer rot-rot-grünen Regierungskoalition nach der nächsten Bundestagswahl zu verbessern.

Gysi, der seit Kurzem außenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Linken ist, sagte dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ für die am Freitag erscheinenden Ausgaben seiner Tageszeitungen, für Die Linke seien „30 Jahre in der Opposition genug“. Die Partei müsse auch einmal eine andere Aufgabe übernehmen.

Die Linke, so ihr ehemaliger Fraktionsvorsitzender, sei keine Protestpartei mehr. Da die Partei an mehreren Landesregierungen beteiligt sei und sogar einen Ministerpräsidenten stelle, glaube ihr das auch niemand mehr. „Wir müssen uns eine andere Identität suchen“, stellte Gysi fest. Die Partei müsse sich nun für eine Regierungsbeteiligung auch auf Bundesebene bereitmachen. Hierzu brauche sie „erstmal einen Parteitag mit einer Aufbruchstimmung und der Botschaft: Wir wollen die Bundesrepublik verändern“, forderte der Politiker.

Als wesentliche Hindernisse für eine Beteiligung der Linken an einer Regierung auf der Bundesebene gelten weithin ihre Ablehnung der NATO und ihr gespaltenes Verhältnis zur Europäischen Union. Zum letztgenannten Punkt erklärte Gysi: „Die Mehrheit in meiner Partei ist für die europäische Integration. Dazu gibt es auch gar keine Alternative“. Bei der NATO lägen die Dinge anders. Gysi betonte, die Linke habe nie den Austritt Deutschlands aus dem Militärbündnis verlangt. Allerdings halte seine Partei die Militäreinsätze der NATO für prinzipiell falsch. So müssten zwar die deutschen Soldaten aus Afghanistan abgezogen werden, gleichzeitig aber sei dabei sicherzustellen, „dass deren örtliche Unterstützer danach nicht hingerichtet werden“. Hier regte er auch an, über eine neue Rolle Deutschlands innerhalb des Bündnisses nachzudenken. „Wir könnten zum Beispiel auch als Mitglied der NATO zum Hauptvermittler werden, überall da, wo es Konflikte gibt“, schlug er vor. Diese heute brachliegende Funktion sei früher von den blockfreien Staaten wie etwa Schweden oder Finnland übernommen worden, erinnerte Gysi.

Zu den Solidaritätserklärungen von Linken-Politikern für verschiedene sozialistische und kommunistische Regimes erklärte der 72-jährige, seine Partei solle „auf jeden Fall…, wenn wir im Land A für Menschenrechte eintreten, das auch im Land B tun“. Man sei nur dann glaubwürdig, wenn man dies einheitlich mache. Er selbst halte sich zum Beispiel gern in Kuba auf. Gespräche hierüber beginne er immer mit einer Würdigung des dortigen Bildungs- und Gesundheitssystems. „Doch dann folgt ein `aber`. Sonst ist es nicht glaubwürdig“, erläuterte Gysi, der seine Partei auch dazu aufforderte, ihr „noch aus BRD- oder DDR-Zeiten herrührendes Verhältnis zu Israel“ ebenfalls zu überdenken.

Bezüglich eventueller Koalitionsgespräche nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr verlangte Gysi Kompromissbereitschaft von seiner Partei. Zwar müssten alle Schritte in die richtige Richtung gehen. „Die Schritte dürfen aber kürzer sein, als wir uns das vorgestellt haben“, erklärte der Linken-Politiker und hob hervor: „Wer nicht kompromissfähig ist, der ist nicht demokratiefähig“.

Redaktion poppress.de, A-1010413