Ungeachtet des Krieges in der Ukrane haben die europäischen Importe von russischem Erdgas im März zugenommen.

Wie das Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ aktuell berichtet, kommt der in London ansässige Preis-Informationsdienst ICIS in Berechnungen zu dem Ergebnis, dass der russische staatliche Pipelinemonopolist Gazprom im Laufe des März, des ersten vollen Kriegsmonats, mindestens 10,14 Milliarden Kubikmeter Erdgas an Kunden in der Europäischen Union und in Großbritannien ausgeliefert hat. Dies sind über 25 Prozent mehr als noch im Vormonat – da waren es 8,09 Milliarden Kubikmeter – und sogar über ein Drittel mehr als im Januar, also vor Beginn des Krieges (7,43 Milliarden Kubikmeter).

Die Zahlen des britischen Analysehauses berücksichtigen nicht die Einfuhren der baltischen Staaten und Finnlands. Hier handelt es sich aber jeweils nur um geringe Mengen, die auf den vom ICIS festgestellten Trend insgesamt kaum einen Einfluss haben.

Der Anteil des russischen Erdgases in Europa betrug 23 Prozent. Unter dem Strich war Russland somit der wichtigste Lieferant für europäische Abnehmer, dicht gefolgt von Norwegen, das 10,08 Milliarden Kubikmeter geliefert hat. Allerdings machten die Importe von Flüssiggas (LNG, „Liquefied Natural Gas“) über entsprechende Terminals mit 12,93 Milliarden Kubikmetern noch mehr aus.

Der Hauptgrund für die erhöhte Nachfrage nach russischem Gas ist in den aktuellen Preissprüngen an den europäischen Gasbörsen zu suchen. So kostete eine Megawattstunde am TTF, dem niederländischen Referenzmarkt, am 7. März bis zu 345 Euro. Gegenwärtig sind es immer noch etwa 110 Euro. Dies ist zwar ein beachtlicher Rückgang, aber bis zum vergangenen Jahr waren noch 5 bis 40 Euro die Regel.

Tom Marzec-Manser, Chef-Gasstratege des ICIS, erklärte gegenüber dem „Spiegel“, die am Spotmarkt verlangten Preise seien „signifikant höher“ gewesen als die zwischen Gazprom und den europäischen Kunden in langfristigen Verträgen fest vereinbarten Preise. Dies stelle für die Kunden einen Anreiz dar, „ihre langfristigen Verträge voll auszuschöpfen“. Oftmals gebe es in den Verträgen Klauseln, die den Abnehmern die Option anbieten, zum vereinbarten Preis mehr Gas als nur die vertraglich vorgesehene Menge zu beziehen.

Redaktion poppress.de, A-1010413