Einige Ärzteverbände kritisieren die neue Studie des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen. Darin würden Ärzte in Deutschland den privaten Versicherten oftmals viel schneller einen Termin gegeben als den Kassenpatienten.

Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ schreibt weiter, dass die Wissenschaftler beim Zugang zum Gesundheitssystem strukturelle Ungleichheiten festgestellt hätten. Unter einem Vorwand wurden bei ungefähr 1’000 Praxen für einen Termin angefragt. Diejenigen Forscher, welche sich am Telefon aus Privatpatienten ausgegeben haben, erhielten öfter ein Terminangebot als die Kassenpatienten und mussten im Vergleich nur in der Hälfte der Zeit darauf warten. Demzufolge hätte, gemäß der Studie, der Status der Versicherten für Patienten bei vielen Ärzten in Bezug auf die Bereitschaft zur Terminvereinbarung einen erheblichen Einfluss. Für Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, stellen die unterschiedlichen Wartezeiten kein Problem dar; aus Sicht der Objektivität bestehe kein generelles Problem bei den Wartezeiten, führt er gegenüber der FAS weiter aus. Aus internationaler Sicht sei Deutschland „spitzenmäßig“ aufgestellt. Außerdem stellt er die Studie bezüglich der Aussagekraft infrage. Die Datenerhebung wurde vor der Gesetzesreform durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von der CDU, welche vor einem Jahr in Kraft getreten ist, erhoben. Diese verpflichtet die Ärzte dazu, mehr Sprechstunden anzubieten. Lars Lindemann, Geschäftsführer des Spitzenverbandes der Fachärzte, ist der Auffassung, dass die Unterschiede in der Vergabe von Terminen nur sichtbar sind, wenn sich die Untersuchungen nicht als dringend erweisen. Die Studie aus Essen hatte ebenfalls solche Untersuchungen berücksichtigt. Lindemann sagte gegenüber der FAS, dass dadurch niemand einen unzumutbaren Nachteil erleide. Vielen Praxen wäre die Aufrechterhaltung der Leistungen ohne zusätzliche Vergütung von Privatpatienten kaum möglich. Die Beurteilung der Studienergebnisse von den Gesundheitspolitikern in der Großen Koalition fällt unterschiedlich aus. Karl Lauterbach, SPD-Gesundheitspolitiker, ist der Überzeugung, dass das Problem in Bezug auf die unterschiedlichen Wartezeiten durch die jüngste Reform noch nicht gelöst sei und es dabeibleibe, dass gleiche Leistungen unterschiedlich vergütet würden. Zwei konkurrierende System in der Versicherung und unnötig höhere Wartezeiten für Kassenpatienten würden für ihn keinen Sinn darstellen, so der Gesundheitspolitiker weiter. Erwin Rüddel, CDU-Gesundheitspolitiker und Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Bundestag, sieht das anders und äußerte gegenüber der Sonntagszeitung dahingehend, dass man von der Debatte um den Neid wegkommen müsse. Wenn die Ärzte die privaten Patienten nicht mehr vorziehen, würde die Mehrheit von den gesetzlich versicherten Patienten rein rechnerisch lediglich einen Tag an Wartezeit sparen und dafür höhere Beiträge zahlen.

Redaktion poppress.de, Ever True Smile