Trotz der sich wieder deutlich erhöhenden Fahrgastzahlen möchte die Deutsche Bahn im Fernverkehr auch weiterhin keine Reservierungspflicht einführen. Dies erklärte ein Sprecher des Konzerns dem ARD-Hauptstadtstudio.

Somit bleibt die Deutsche Bahn unverändert bei ihrer Position, die sie schon im März gegenüber der Nachrichtenagentur dts eingenommen hatte. Damals hatte die Anzahl der Bahnkunden auf den Fernstrecken allerdings noch täglich abgenommen.

Zwar räumte Achim Stauß, der Sprecher des Unternehmens, ein, der Ruf nach der Einführung einer Reservierungspflicht erscheine „auf den ersten Blick logisch“. Aber, so erläuterte Stauß gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio, würde eine solche Pflicht viele „Einschränkungen für die Bahnreisenden“ mit sich bringen. Die Bahn wolle es ihren Kunden auch in Zukunft ermöglichen, auch spontan eine Reise mit dem Zug anzutreten. Hier habe das Unternehmen einen großen Vorteil im Vergleich mit dem Flugzeug, den man nicht verspielen wolle, sagte Stauß weiter. Außerdem habe der Konzern sein System für Reservierungen bereits derart umgestellt, dass gar nicht mehr alle Plätze eines Zuges reserviert werden könnten. Nach dem neuen System erfolgten Buchungen früher, so dass im Zug mehr Platz bleibe, was Spontanreisenden ebenfalls zugutekomme. Auch sprach sich Stauß dagegen aus, bestimmte Plätze im Zug freizuhalten, um so den eigentlich erforderlichen Abstand zu anderen Fahrgästen sicherzustellen. Man wolle hierdurch ermöglichen, so der Unternehmenssprecher weiter, dass etwa Familien und Paare, die gemeinsam reisen wollten, tatsächlich auch zusammensitzen könnten.

Auch das Bundesverkehrsministerium lehnt eine Änderung des derzeitigen „offenen Buchungssystems“ ab. Es weist hier unter anderem auf die Möglichkeit hin, die Fahrgäste könnten sich auf der Internetseite der Deutschen Bahn danach erkundigen, ob die Züge, die sie nutzen wollten, stark ausgelastet seien. Widerspruch hierzu kommt von Vertretern der Opposition. Politiker von Bündnis 90 / Die Grünen und FDP fordern eine vorübergehende Umstellung des Buchungssystems der Bahn. Reservierungen sollten zurzeit vorgeschrieben sein, um die Fahrgäste besser vor der Gefahr einer Infektion mit dem Corona-Virus schützen zu können. Christian Jung, Bahnexperte der FDP, verlangte gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio: „Wer im Fernverkehr unterwegs ist, der soll sich eine Reservierung besorgen“. Diese könne die Bahn ihren Kunden in Zeiten von Covid-19 auch gratis ermöglichen, damit das Zugfahren sich für die Reisenden nicht verteure. Darüber hinaus forderte Matthias Gastel, der Bahnpolitische Sprecher der Grünen, das System für die Reservierungen dahingehend zu verändern, dass die Fahrgäste automatisch auf Abstand gehalten werden. Beispielsweise könne man nur jeden zweiten Platz tatsächlich vergeben, schlug er vor. Gastel erklärte dem ARD-Hauptstadtstudio, im Prinzip bleibe seine Partei dabei, dass Reisende auch ohne Reservierung zu jeder Zeit die Züge der Deutschen Bahn nutzen können sollten. Aber, so fügte er hinzu, „wir haben eben jetzt gerade andere Zeiten“.

Redaktion poppress.de, A-1010413