Die Ärzteorganisation Marburger Bund hat über den „Bürokratie-Irrsinn“ an den Kliniken geklagt und die Regierung sowie die Krankenkassen zu der sofortigen Umsteuerung aufgefordert.

Gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte die Chefin des Verbandes Susanne Johna, es sei zum Verzweifeln, dass der Aufwand in Bezug auf die Dokumentation, trotz den seit Jahren dauernden Bekenntnissen für einen Abbau in der Bürokratie immer absurder werde. Dass in einer Zeit, in welcher Stationen aufgrund von fehlendem Personal verkleinert, die Ärzte jeden Tag drei Stunden von der Arbeit wegen Dokumentationen und der Erfassung von Daten abgehalten werden und Termine von Patientinnen und Patienten abgesagt werden müssten, könne nicht sein.
Weiter sagte Susanne Johna, dass auf das im Koalitionsvertrag vereinbarte Paket für den Abbau in der Bürokratie bislang vergeblich gewartet werde.

Die Chefin der Ärzteorganisation Marburger Bund hat als ersten Schritt einen „Realitätscheck“ verlangt und sagte, dass sich die Gesundheitspolitiker der Ampel-Gesundheitspolitiker dringend vor Ort anschauen sollten, was tagtäglich passieren würde. Im Jahr würden über 2,3 Millionen Datensätze nur für die Sicherung von Dokumentationen erfasst. Davon bestehe jeder Satz bis zu fünfzig einzelnen Eingaben, was schlicht der Wahnsinn sei. Hinzu komme, dass den Patientinnen und Patienten, viele „vermeintliche“ Instrumente zur Qualitätssicherung nichts bringen würden.
Ein immenser Teil von der Bürokratie würde lediglich zur Absicherung von Abrechnungen dienen. Dabei müssten unzählige Ab- oder Zuschläge dokumentiert sowie sämtliche zusätzlichen Nebendiagnosen festgehalten werden. Diese hätten nichts mit der Sicherung von der Qualität zu tun, erklärte die Chefin der Ärzteorganisation Marburger Bund. Etliche Pflegekräfte und Ärzte würden nichts anderes mehr machen als Koordination und Abrechnungen und seien aus der Versorgung komplett raus.

Susanne Johna macht insbesondere die Krankenkassen und den Spitzenverband GVK verantwortlich. Sie stellt fest, dass kassenseitig die Misstrauenskultur zwischenzeitlich solche Blüten treiben würde, dass ein großer Anteil von den Finanzmitteln durch Aufrechterhaltung des völlig übertriebenen Abrechnungsapparates aufgefressen werde. Es gebe einige Unternehmen, welche in der Beratung tätig seien sowie Kanzleien, welche nur von Abrechnungskontrolle lebten. Ebenfalls kein Geld verschwenden möchten die Ärzte. Was jedoch sei die große Kontrolle bei der Bürokratie über hundert Prozent von der Arbeit zu ziehen für ein Irrsinn, um einige wenige Prozente von schwarzen Schafen, welche es geben möge, zu entdecken. Davon würden keine einzige Patientin und kein einziger Patient profitieren und sei absolut unverhältnismäßig. Seitens der Kassen sei dringend mehr Vertrauen notwendig. Für Behandlungen gebe es klare Leitlinien und Regeln, welche eingehalten würden, sagte die Marburger-Bund-Chefin weiter. Anstelle einer Vollerfassung würden Prüfungen mittels Stichproben als Kontrolle ausreichen.

Weiter sagte Susanne Johna, dass die Devise der Kassen laute, was nicht dokumentiert werde, sei nicht erledigt worden. Dies gehe vollkommen an der Realität vorbei. Von der Versorgung einer Wunde könnte natürlich ein Foto gemacht werden, von jedem Wechsel eines Verbands jedoch nicht. Der „Dokumentationswahn“ müsse endlich aufhören.

Als ein weiteres Beispiel hat sie die Auflagen bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Isolationspflicht genannt. In diesem Fall werde eine zusätzliche Dokumentation benötigt, wie lange die Pflegekraft zum Anziehen der Schutzkleidung benötigte, damit sie die Patientin oder den Patienten versorgen könne. Sorry sagte sie, aber es sei ein Quatsch und pure Verschwendung der Zeit. So dürfe es nicht weitergehen. Abhilfe könnte zwar durch eine vernünftige Digitalisierung geschaffen werden, jedoch scheine es noch Jahre zu dauern. Susanne Johna beschreibt den Alltag so, dass einiges weiterhin manuell eingepflegt werden müsse, was allen die Zeit raube, welche man nicht habe. Dies sei zum Verzweifeln. Laut der Chefin der Ärzteorganisation Marburger Bund bedarf es einer Reform nach der Devise „Hände weg vom Schreibtisch, hin zu den Kranken“.

Redaktion poppress.de, Ever True Smile