Greenpeace will mit einer Eilaktion die Vernichtung von Millionen nagelneuer Kleidungsstücke verhindern.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace versendet derzeit Briefe an etwa 130 Abfallbehörden aus dem Bundesgebiet. Darin fordern die Umweltschützer die Behördenchefs auf, Modehändler und -hersteller, die fabrikneue Waren vernichten lassen, auf einen Gesetzesverstoß hinzuweisen und ihnen deshalb juristische Konsequenzen anzudrohen. Das berichtet die Zeitung „Welt“. Der Briefaktion fügt Greenpeace ein Ultimatum bei: Wenn die Ämter auf die Aufforderung der Organisation nicht bis Ende Januar reagieren, werde man weitere Schritte unternehmen. Dies äußerte die Konsumexpertin von Greenpeace Viola Wohlgemuth gegenüber der „Welt“. Man behalte sich eine Klage gegen die Behörden vor.

Der Hintergrund: Händler und Hersteller lassen häufig nicht verkaufte fabrikneue Bekleidung (und auch andere Güter, so etwa hochwertige Heimelektronik) vernichten, um ihre Lager zu entlasten. Darüber hatten Journalisten schon im Jahr 2020 berichtet. Die Vernichtung ist günstiger als die Lagerhaltung und nach Angaben der Handels- und Produktionsunternehmen auch günstiger als die logistisch aufwendige Spende der Bekleidung. Nachdem die Vernichtung von einwandfreier Neuware bekannt wurde, hatte das Wirtschaftsministerium im Oktober 2020 ein sogenanntes „Vernichtungsverbot“ als Neuregelung ins Kreislaufwirtschaftsgesetz aufgenommen. Darauf beruft sich Greenpeace nun mit seiner Aktion. Viele Fachjuristen halten allerdings das Vernichtungsverbot in seiner derzeitigen Form für noch nicht praktisch umsetzbar. Nach ihrer Auffassung muss es durch konkrete Verordnungen ergänzt werden. Greenpeace widerspricht dieser Auffassung. Die Umweltschützer sind der Meinung, das Gesetz ist ab sofort vollzugsfähig. Allerdings gestand Wohlgemuth zu, dass man juristisches Neuland betrete. Es sei der erste Versuch, das Vernichtungsverbot durchzusetzen.

Die Umweltorganisation übt zusätzlich Druck auf die Umweltminister aus. Diese sollen ihre Behörden anweisen, die rechtswidrige Vernichtung der Textilien zu stoppen. Davon hatte unter anderem der Hamburger Umweltsenator Jens Kerstan (Bündnis 90/Grüne) berichtet, der einen dementsprechenden Brief von Greenpeace der „Welt“ zugespielt hatte. Das Anliegen an sich ist laut Kerstan berechtigt. Bis Ende Januar 2021 erwartet der deutsche Handelverband „Textil, Schuhe, Lederwaren“ einen Stau von rund einer halben Milliarde unverkaufter Bekleidungsartikel allein in Deutschland. Die coronabedingten Schließungen der Geschäfte haben die Menge gegenüber früheren Zeiten deutlich erhöht.

Redaktion poppress.de, A-055824