Rund 2,4 Millionen ArbeitnehmerInnen erhalten in deutschen Unternehmen vom Arbeitgeber nicht den gesetzlichen Mindestlohn. Das geht aus einer Analyse des Deutschen Gewerkschaftsbundes hervor.

Die RND-Zeitungen (Redaktionsnetzwerk Deutschland) berichten in ihren Ausgaben vom Samstag (23. Mai 2020) über die aktuelle DGB-Analyse. Demnach beläuft sich der Gesamtschaden für die betroffenen Beschäftigten und die Allgemeinheit alljährlich auf mehrere Milliarden Euro. Zwar halten sich die meisten Arbeitgeber laut dem Papier der Gewerkschafter an die geltenden Gesetze, doch gleichzeitig gebe es leider viele schwarze Schafe, die den Mindestlohn unterlaufen würden, wie die Analyse weiter ausführt. Sie beruft sich auf Daten des DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung). Dieses hatte ermittelt, dass etwa 2,4 Millionen Beschäftigte unter dem ihnen zustehenden gesetzlichen Mindestlohn arbeiten. Laut DGB seien Mindestlohnverstöße kein Kavaliersdelikt. Es entstehe ein erheblicher Schaden nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch durch eine geringere Kaufkraft, durch Steuerausfälle und nicht zuletzt durch geringere Einzahlungen in die Sozialversicherungssysteme. Seit der Einführung der geltenden Mindestlohnregelung im Jahr 2015 soll der Schaden inzwischen eine Größenordnung von 25 Milliarden Euro erreicht haben. Das geht aus Berechnungen des SOEP (Sozioökonomisches Panel) hervor, das dem DIW angegliedert ist.

Der Gesamtumfang des Schadens ergibt sich aus Einbußen in mehreren Bereichen. Das reine Lohndumping macht demnach seit 2015 rund 14,5 Milliarden Euro aus. Das ist die Summe, um welche die betreffenden Arbeitgeber ihre Beschäftigten geprellt haben, mithin jährlich 2,9 Milliarden Euro und pro Arbeitnehmer jährlich 1.350 Euro netto. Allein diese Tatsache, die ein kriminelles Verhalten von Arbeitgebern bis zum fünften Jahr nach der Einführung des Mindestlohns aufzeige, sei ein Skandal, so das DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell gegenüber den RND-Zeitungen. Die schwarzen Schafe unter den Arbeitgeber würden sich nicht nur auf Kosten ihrer eigenen Angestellten, sondern auch der rechtschaffenen Unternehmen und der gesamten Gesellschaft bereichern. Doch die Folgen seien noch schwerwiegender, denn es gehe Kaufkraft in Milliardenhöhe durch die geringen Einkommen der Beschäftigten verloren. Diese hätte man gerade in der gegenwärtigen Coronakrise gebraucht. Nicht zuletzt gingen den Sozialversicherungen seit 2015 in Summe 8,1 Milliarden Euro verloren. Den Arbeitgeberanteil dieser Summe beziffern die Experten auf 4,3 Milliarden Euro. Den entgangenen Steueranteil schätzen sie auf 2,5 Milliarden Euro.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund mahnt insbesondere mit Blick auf die künftigen demografischen Herausforderungen und die aktuellen Verwerfungen durch die Coronakrise die Einhaltung der geltenden Gesetze an. Die Ausfälle würden die gemeinschaftliche Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung sowie die Steuerkassen belasten. Die Kalkulation dieser Finanzsysteme basiere schließlich auf der Annahme, dass Mindestlohnanspruchsberechtigte flächendeckend gesetzeskonform bezahlt würden, wie es in der Analyse weiter heißt. Daher solle die Unterbehörde FKS (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) des Zolls die Unternehmen stärker und auch verdachtsunabhängig kontrollieren können. Der DGB fordert daher mehr Personal für die FKS. Dort klaffe in der Personaldecke ein riesiges Loch. Es seien über 1.300 Stellen unbesetzt, obgleich sie bereits genehmigt wurden.

Redaktion poppress.de, A-055824