Transparency Deutschland und Unternehmerverbände fordern ein Interessenvertretungsgesetz zur Kontrolle des Lobbyismus deutscher Politiker.

Angesichts der Debatte um den Fall „Amthor“ sieht Transparency International seine Forderung nach der Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters bestätigt. Der CDU-Politiker Phillip Amthor, aussichtsreicher Kandidat für den Ministerpräsidentenposten in Mecklenburg-Vorpommern, übte neben seiner politischen Karriere eine Tätigkeit für das US-Technologieunternehmen Augustus Intelligence aus. Die Diskussion um die Rolle von Amthor und der Funktion des US-Unternehmens wird der, seit Langem geführten Diskussion um eine gesetzliche Regelung des Lobbyismus neuen Aufschwung verleihen, hofft Wolfgang Jäckle, Politikexperte bei Transparency Deutschland gegenüber dem „Handelsblatt“. Der Fall „Amthor“ hat die Öffentlichkeit sensibilisiert und einen Handlungszwang geschaffen.
Die Funktion von Amthor war die eines „Türöffners“, der Beziehungen zwischen dem US-Unternehmen und dem Bundeswirtschaftsministerium hergestellt hat, um an öffentliche Fördermittel zu kommen, stellt Jäckle klar. Wenn diese Grauzone des Politiklobbyings bereits durch ein verbindliches Lobbyregister geregelt wäre, sei ein Fall wie der des CDU-Politikers Amthor nicht denkbar. Ein Technologie-Start-Up mit schwer definierbarem Geschäftsfeld, hätte keine Chance in ein derartiges Register eingetragen zu werden, ist sich der Korruptionsexperte sicher. Ein verpflichtendes Lobbyregister, das von Transparency bereits seit Jahren gefordert wird, erhält auch die Unterstützung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) und dem branchenübergreifenden Verband deutscher Familienunternehmen. Die beste Lösung ist ein Gesetz zur Regelung der Interessenvertretung, betont Jäckle.
Derzeit existiert lediglich ein Verbandsregister, das öffentlich zugänglich ist. Dieses Register stammt aus dem Jahr 1972 und ist der modernen Form des Lobbyings nicht angemessen. Heute läuft Interessenvertretung anders als vor 50 Jahren. Statt durch Verbände, wird modernes Lobbying immer häufiger durch die Unternehmen selbst durchgeführt. Auch ist eine ganze Branche entstanden, die sich aus Consulting-Agenturen, Anwaltskanzleien, PR-Agenturen oder sogenannten Think-Tanks zusammensetzt und weitgehend in einer juristischen Grauzone agiert. Keine dieser Organisationen werden in dem Verbandregister auch nur erwähnt, beklagt der Lobbyexperte Jäckle gegenüber dem „Handelsblatt“. Lobby-Anwälte sind ein eigenes Problem. Unter dem Hinweis auf das Anwaltsgeheimnis wird hier bewusst das Gebot der Transparenz außer Kraft gesetzt. Das hat mit legaler Interessenvertretung absolut nichts mehr zu tun, beklagt Jäckle und fordert eine entsprechende Initiative der Bundesregierung.

Redaktion poppress.de, NeoMatrix