Kaum hätten viele damit gerechnet, doch Gundbert Scherf gibt sich angriffslustig: Sein Unternehmen Helsing könnte praktisch 'aus dem Stand' mit der Serienfertigung von Drohnen starten – so schilderte er es zumindest der 'Süddeutschen Zeitung'. Ein erstes Ziel sind stolze 10.000 bis 20.000 Drohnen schon im kommenden Jahr, was durchaus ein gewaltiger Schritt wäre. Aber Scherf denkt in noch größeren Dimensionen: Im Falle eines eskalierenden Ernstfalls müsse die Kapazität bis 2027 auf eine sechsstellige Zahl gesteigert werden. Dafür brauche es – wenig überraschend – auch eine neue Großfabrik sowie reibungslose Material- und Lieferketten. Bemerkenswert dabei: Scherf sieht die arg gebeutelten Autozulieferer in Deutschland als passende Partner. Sie 'liegen im Moment quasi brach', doch genau darin erkennt er eine taktische Reserve, wie sie vielseitiger kaum sein könnte. Ein oder zwei ihrer Werke könnte Helsing sogar ganz übernehmen. Denn niemand sonst in Deutschland, so Scherf, könne eine industrielle Großfertigung so spontan hochziehen wie die Zulieferer, die normalerweise Elektromotoren, Getriebe und Kabelbäume bauen. Abwegig ist die Idee gar nicht: Gerade weil die Automobilkrise Produktionslinien unausgelastet dastehen lässt, ergibt sich hier eine seltene Chance für die rüstungsnahe Industrie, Kapazitäten schnell umzuwidmen. Im Hintergrund stehen allerdings komplexe Herausforderungen im Material- und Chipbereich, ohne die die Serienproduktion ohnehin schnell ins Stocken geraten kann.
Dazu kommt, dass Scherf außer der Produktion auch die technologische Kehrtwende Europas betont: Die traditionellen Verteidigungssysteme wirken angesichts ernster Zwischenfälle wie Drohnenüberflügen über München und Brüssel geradezu antik. 'Unsere alte Abwehr ist mit diesem neuen Angriffsmodus vollkommen überfordert', so Scherf, und diese Erkenntnis müsse Europa schnellstens zu neuen Maßnahmen drängen. Kein Wunder: Mit dem fortdauernden Krieg in der Ukraine und einer immer hybrider agierenden russischen Seite rücken Drohnen, KI-Software, Robotertechnik und Satelliten immer stärker in den Mittelpunkt der Konflikte. Spielregeln ändern sich, und Europa ist – nicht mehr nur gedanklich – längst Teil dieses Spiels.
Die strategische Überlegung, Automobilzulieferer als Puffer für eine mögliche großindustrielle Drohnenproduktion zu nutzen, ist klug, aber auch riskant: Zwar verfügen diese Firmen über das Know-how und die Kapazitäten, doch angesichts der Lieferkettenprobleme und Halbleiterknappheit könnte sich der Aufbau einer solchen Industrie-Reserve hinziehen. Zusätzlich ist bemerkenswert, dass Helsing offenbar von politischer Seite noch wenig Widerstand erfährt – Stichwort Rüstungsexportkontrolle oder ethische Bedenken zur zivil-militärischen Umnutzung. Die sicherheitspolitischen Umbrüche in Europa, ausgelöst durch den Ukrainekrieg und die neue Waffentechnologie, verschärfen allerdings die Bereitschaft, eben solche Industriekooperationen zu forcieren. Laut taz.de plant die Bundeswehr derzeit, ihre Drohnenflotte auszubauen und setzt ebenfalls verstärkt auf Kooperationen mit der zivilen Industrie, was den Trend in Richtung Dual-Use-Bereiche unterstreicht (vgl. Quelle: taz.de). Auch die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass Automobilzulieferer wie Bosch oder ZF bereit sind, sich stärker im Bereich Militärtechnik zu engagieren, sofern keine Arbeitsplatzverluste drohen (vgl. Quelle: Süddeutsche Zeitung). Auf spiegel.de wird zudem thematisiert, wie Sicherheitsbehörden angesichts der wachsenden Drohnen-Bedrohung massiv in digitale Verteidigungssysteme investieren – was die von Scherf beschriebene Entwicklung untermauert (vgl. Quelle: Spiegel.de).