Wirtschaftskapitäne fordern Überdenken der Regierung – Heraeus setzt auf Minderheitsoption

Der Unternehmer Jürgen Heraeus sieht die deutsche Wirtschaftspolitik in der Sackgasse – und bringt eine Minderheitsregierung als Druckmittel ins Spiel.

heute 14:43 Uhr | 20 mal gelesen

Es gibt Tage, da hängen die Wolken selbst über Hanau, wo Jürgen Heraeus jahrelang das berühmte Familienunternehmen steuerte, etwas schwerer. In einem Interview mit dem „Spiegel“ legte der Milliardär seinen Frust offen auf den Tisch. Er sehe schwarz, was jegliche Koalition mit CDU und SPD betrifft: Hoffnung auf wirtschaftlichen Schwung? Fehlanzeige. Heraeus schlägt darum vor, eine Minderheitsregierung zumindest als Drohkulisse in Erwägung zu ziehen. Das, so der Unternehmer, dürfte die SPD wachrütteln; frei nach dem Motto: 'Stellt euch mal vor, dass jeder von euch seinen Ministerposten schwinden sieht – vielleicht bewegt sich dann endlich was.' Ungewöhnlich? Vielleicht, aber aus Sicht mancher Unternehmenslenker nachvollziehbar. Der Milliardär steht mit seiner Kritik längst nicht alleine da. Stimmen aus der Wirtschaft schießen immer häufiger quer zur großen Politik. Im „Spiegel“ klingen sie, als hätte jemand den Siedepunkt erreicht: Der Wacker-Chef Christian Hartel spricht von einem unproduktiven Hinhalten, während Thomas Hoppe von der Jungen Unternehmern es schlicht als frustrierend empfindet, ständig leere Versprechen zu hören. Marie-Christine Ostermann, die bei Rullko sowie „Die Familienunternehmer“ Präsidentin ist, findet die Wirtschaftspolitik sogar direkt unternehmerfeindlich. Ein durchaus harter Begriff. Dass hinter den Kulissen ordentlich gemurrt wird, überrascht niemanden: Roland Berger schätzt, dass etwa zwei Drittel der Firmen dem aktuellen wirtschaftspolitischen Kurs kopfschüttelnd gegenüberstehen, darunter vor allem Mittelständler, Familienfirmen und zur Hälfte auch die großen Konzerne. Siegfried Russwurm vom BDI bringt es auf den Punkt: In der Industrie wächst der Zweifel, ob der aktuelle Kurs je den Mut zu echten Veränderungen findet. Es ist, als würde eine gewisse Schwere in den Fluren der Unternehmen liegen. Stillstand, wo man Dynamik bitter nötig hätte.

Jürgen Heraeus kritisiert die Koalition aus CDU und SPD für ihre aus seiner Sicht lähmende Wirkung auf die deutsche Wirtschaft und empfiehlt sogar, mit einer Minderheitsregierung als Druckmittel zu drohen, um die SPD aufzurütteln. Zahlreiche andere prominente Stimmen aus der Wirtschaft tun es ihm gleich und machen ihrem Unmut über die als ungenügend empfundene Reformbereitschaft der Regierung Luft. Die allgemeine Frustration und Skepsis zieht sich durch mittelständische Unternehmen, Familienbetriebe und auch Großkonzerne – ein breiter Konsens über zunehmende Unzufriedenheit mit der Politik. Erweiterte aktuelle Recherche zeigt, dass die Debatte um wirtschaftliche Reformen und politische Führung in Deutschland zuletzt besonders heftig aufflammt. Die Wirtschaft fordert weiterhin Bürokratieabbau, Verlässlichkeit und mehr Tempo bei Technologien sowie der Energiewende. Mehrere große Branchenverbände und Chefs deutscher Konzerne wie BASF, Siemens und Allianz haben aktuell in Stellungnahmen auf schnelles politisches Handeln gedrängt, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit nicht weiter auszuhöhlen. Ebenso wächst die Kritik an komplizierten Förderstrukturen und politischen Grabenkämpfen, die notwendige Investitionen verzögern.

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