EU-Ausschuss bläst Ukraine-Trip wegen AfD-Vertreter ab

Wegen der geplanten Mitreise eines AfD-Abgeordneten sagt das Gremium des EU-Parlaments eine Delegationsreise nach Kiew kurzfristig ab – der Hintergrund wirft Fragen auf.

vor 50 Minuten | 15 mal gelesen

Normalerweise käme so etwas kaum ans Licht, aber in Brüssel ist das nun doch ein kleines Politikum geworden: Die geplante Reise einer Abordnung des EU-Verteidigungsausschusses nach Kiew fiel ins Wasser, weil ein bestimmter Abgeordneter – Hans Neuhoff von der AfD, genauer gesagt – mit von der Partie sein sollte. Neuhoff wurde auf Vorschlag der rechtspopulistischen Fraktion ESN für die streng vertrauliche Mission nominiert, an der ursprünglich Abgeordnete aus verschiedenen politischen Lagern teilnehmen sollten. Im Vorfeld wurde aber offenbar, dass die Ukrainer ihm die Einreise verweigern würden – und das nicht ohne Grund: Angebliche Verbindungen nach Russland und frühere Aufenthalte in den von Moskau kontrollierten Gebieten des Donbas wurden ins Feld geführt. In einem Brief empörte sich Neuhoff an Parlamentspräsidentin Metsola darüber und stritt alles kategorisch ab. Trotzdem entschied die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Mission insgesamt abzusagen – aus Sicherheitsgründen und weil ein Mitglied als potenzielles Risiko eingeschätzt werde. Die ukrainische Botschaft äußerte sich unmissverständlich: Man wisse um Neuhoffs vermeintlich prorussische Tendenzen. Weiter kommentieren wollte man allerdings nicht. Strack-Zimmermann stellt klar, dass für sie eine Reise mit Neuhoff ohnehin ausgeschlossen wäre, weil man ernsthafte Gespräche in der Ukraine sonst erst gar nicht führen könne.

Die verschobene Ukraine-Reise des Verteidigungsausschusses löste eine Debatte um AfD-Abgeordnete und Loyalitätsfragen aus. Neuhoff, der die Anschuldigungen vehement zurückweist, sieht sich laut Medien als Opfer einer ungerechtfertigten Blockade – die ukrainischen Behörden hingegen sehen in ihm, wegen seiner Wortmeldungen und mutmaßlichen Russland-Kontakten, ein mögliches Risiko. Generell wird in Brüssel gerade heftig diskutiert, wie mit politischen Kräften umzugehen ist, deren Positionen mit den außenpolitischen Fundamentalinteressen der EU kollidieren; hinzu kommt, dass die Ukraine offiziell das Signal senden will, dass offene oder indirekte Unterstützung prorussischer Narrative von hochrangigen europäischen Politikern nicht hingenommen wird. Der Fall rückt auch das Dilemma ins Licht, wie Delegationszusammensetzungen und die Auswahl ihrer Mitglieder bei heiklen Einsätzen künftig behandelt werden sollten, um selbstverschuldete politische oder diplomatische Blockaden zu vermeiden und eine klare Haltung gegenüber Russlands Krieg in der Ukraine zu zeigen.

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