Tauber und Rödder: CDU-Politik zwischen Brandmauer und pragmatischen AfD-Beschlüssen

Kurz vor einer wichtigen CDU-Präsidiumsklausur fordern einflussreiche Stimmen aus der Union mehr Flexibilität im Umgang mit der AfD – und verabschieden sich teilweise von alten roten Linien.

heute 00:09 Uhr | 230 mal gelesen

Eigentlich ist es gar nicht so lange her, dass die „Brandmauer“ gegenüber der AfD in der CDU wie ein Gesetz behandelt wurde. Doch nun, überraschend offen, fragt ausgerechnet Peter Tauber, einst Merkels enger Vertrauter und als Generalsekretär ein Upright der Parteidisziplin, nach den Möglichkeiten einer Politik, in der AfD-Zustimmungen zu Beschlüssen nicht mehr automatisch Tabus sind. Seine Sorge: Im Osten – das ist ja bekannt, die politische Landschaft sieht dort ohnehin etwas anders aus – drohen laut Tauber immer mehr Blockadesituationen, wenn weiterhin stur alle Parteien gegen die AfD zusammenhalten. Besonders bemerkenswert: Er sieht darin beinahe eine Wiederholung der DDR-Blockbildung, ein historischer Vergleich, der nachhallt. Auch Andreas Rödder, Kopf des CDU-nahen Think Tanks „Republik21“, denkt laut über ein Update der Abgrenzungslogik nach. Je höher die Brandmauern, desto stärker – so seine These – wird die AfD. Er fordert, dass es zumindest eine Gesprächsbereitschaft jenseits pauschaler Ausgrenzung geben müsse, sofern die AfD sich klar von extremistischen Positionen distanziert. Harte Sachauseinandersetzungen seien dabei das Gebot der Stunde, nicht wohlfeile Symbolpolitik.

Die jüngsten Äußerungen Taubers und Rödders markieren eine auffällige Verschiebung in der Debatte um den Umgang der Union mit der AfD – einer Partei, die in Umfragen besonders in Ostdeutschland hohen Zulauf verzeichnet. Beide CDU-Vertreter plädieren für pragmatische Beschlussfassungen im Parlament, sofern die AfD demokratische Standards einhält, anstatt einer reflexhaften Ausgrenzung, die als politischer Automatismus interpretiert werden könnte. Brisant bleibt bei alldem: Die Distanzierung der AfD von rechtsextremen Positionen ist, so stellt sich in der Realität gelegentlich heraus, mitunter nicht mehr als eine formale Geste – und ob ein 'demokratischer Versuch' zur Entspannung beiträgt oder am Ende doch radikale Positionen salonfähiger macht, ist durchaus zweifelhaft. Ergänzende Recherche: Die Debatte um den Umgang der CDU mit der AfD ist in den Medien derzeit sehr präsent. Die taz berichtet kritisch über CDU-Parteitage, bei denen die Brandmauer zur AfD immer wieder infrage gestellt wird. Dabei warnen linke und liberale Stimmen eindringlich vor einer Normalisierung der AfD. Auf der anderen Seite analysiert die FAZ ausführlich Umfrageergebnisse, die die Unzufriedenheit vieler Bürger mit der bisherigen Abgrenzungspolitik der Union widerspiegeln. Der Spiegel beleuchtet die Gefahr, dass eine Kooperation mit der AfD vor allem im Osten der Gesellschaft weiter spalten könnte.

Schwerpunkte anderer Leitmedien zu diesem Thema

Die taz beschäftigt sich aktuell mit den Diskussionen innerhalb der CDU zur Zusammenarbeit mit der AfD und beleuchtet, wie Parteiflügel um neue Strategien ringen, um auf den zunehmenden Druck in Ostdeutschland zu reagieren. Währenddessen werden von Kritiker:innen verfassungsrechtliche und gesellschaftliche Risiken hervorgehoben. Die Reportage zeichnet das zähe Ringen um den künftigen Kurs nach und macht deutlich, wie groß die Unsicherheiten auch innerhalb der Union sind. Quelle: taz.

Die FAZ analysiert ausführlich die Ursachen für die aktuell hohen Umfragewerte der AfD im Osten und untersucht, welche Rolle Unzufriedenheit mit politischen Entscheidungsprozessen und die Frustration über fehlende wirtschaftliche Perspektiven spielen. CDU-Vertreter äußern sich darin teilweise selbstkritisch, dass die bisherige Strategie der Ausgrenzung offenbar keine Eindämmung der AfD zur Folge hatte und fordern eine Überprüfung der eigenen Politik. Die Redaktion wirft zudem einen genauen Blick auf die möglichen Konsequenzen einer Aufweichung der Brandmauer. Quelle: FAZ.

Der Spiegel berichtet über die aktuelle Stimmung in CDU-Kreisverbänden, die sich über den Druck aus der Bundespartei hinwegsetzen wollen und besonders in ostdeutschen Kommunen bei wichtigen Sachthemen auch mit Stimmen der AfD kooperieren. Im Artikel kommen Kommunalpolitiker zu Wort, die darauf verweisen, dass pragmatische Beschlüsse oft am Widerstand der Bundesebene scheitern – und dass die gesellschaftliche Akzeptanz für eine Zusammenarbeit mit der AfD in manchen Regionen wächst. Dennoch zeigt die Reportage die Spaltung innerhalb der Union und die möglichen Risiken für die Glaubwürdigkeit der Partei auf. Quelle: Der Spiegel.

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