Wer an Verkehrssicherheit denkt, dem fallen meist graue Broschüren und erhobene Zeigefinger ein. Doch die Realität sieht – glücklicherweise – bunter aus. Besonders deutlich wurde das bei der diesjährigen Verleihung des Vision Zero Awards durch den Deutschen Verkehrssicherheitsrat. Die Auszeichnung setzt ein Zeichen für Mut und Innovation auf einem Gebiet, das allzu oft von Routine bestimmt wird.
Hauptgewinner war das Fraunhofer-Projekt "Accident Prevention School" in Dresden, ausgezeichnet mit einem Preisgeld von 5.000 Euro. Hier rücken Schülerinnen und Schüler zwischen 13 und 15 Jahren dem Thema Unfallprävention mit modernen Methoden zu Leibe – Virtual Reality inklusive. Plötzlich sitzt man mitten in simulierten Unfallsituationen und lernt praktisch, worauf es ankommt, wenn der Ernstfall droht. Unfälle, die sonst abstrakt wirken, werden dadurch greifbar, manchmal auch unbequem. Manfred Wirsch, Präsident des DVR, bringt es auf den Punkt: „Verkehrserziehung muss verständlich, greifbar und mutig sein.“
Der zweite Platz ging an den Kinderverkehrsgarten "Immer oben auf" in Mönchengladbach. Mit 3.000 Euro unterstützt, lernen Kleinkinder von zwei bis sechs Jahren, worauf es ankommt, wenn sie sich künftig im Straßenverkehr behaupten müssen. Hier wird geschaukelt, geradelt und geübt, unter Leitung von Profis – ganz ohne erhobenen Zeigefinger, sondern mit Spaß und Experimentierfreude. Früh übt sich!
Auf dem dritten Rang landete das mittlerweile etablierte "Radfahrtraining für Migrantinnen" – ein Paradebeispiel, wie gelebte Integration und Verkehrssicherheit zusammengehen können. Seit 2013 lernen Frauen im Kreis Kleve das sichere Radfahren, inklusive Verkehrsregeln und Selbstvertrauen. Ein Schritt zur Selbstbestimmung also, mit praktischen Folgen für den Alltag.
Die Jury, achtköpfig und prominent besetzt, wählte die Preisträger aus einem Pool engagierter Bewerberinnen und Bewerber. Für 2026 läuft die Bewerbungsfrist übrigens schon: Noch bis Mai 2026 können Projekte eingereicht werden. Und wer weiß, vielleicht wird dann ein noch unkonventionelleres Konzept ausgezeichnet.
Der Vision Zero Award würdigt innovative Ansätze, um das Ziel von null tödlichen und schweren Unfällen im Straßenverkehr zu erreichen. Das Fraunhofer-Projekt überzeugte durch den Einsatz von Virtual-Reality-Technik in der Verkehrserziehung für Jugendliche – so wird Prävention zum direkten Erlebnis. Interessanterweise findet dieser Paradigmenwechsel in der Verkehrssicherheitsarbeit gerade international Beachtung: In Skandinavien und benachbarten Ländern fließen ähnliche Konzepte bereits in nationale Programme ein. Neben Deutschland diskutieren aktuell viele EU-Länder verstärkte Investitionen in Prävention, Technik und niedrigschwellige Bildungsangebote, da gerade junge Verkehrsteilnehmer als besonders gefährdet gelten. Auch deutsche Großstädte starten gerade eigene Initiativen mit Fokus auf vulnerable Gruppen und setzen auf eine Mischung aus Technik und gemeinschaftlichen Aktionen, z.B. bei E-Scooter-Sicherheit oder Radwegausbau. In der öffentlichen Debatte geraten dabei manchmal die sozialen Aspekte in den Vordergrund: Integration, Teilhabe und Eigenverantwortung als Bestandteile eines risikoarmen Verkehrsalltags.