Ifo-Umfrage: Geschäftsaussichten werden für Firmen zum Ratespiel

Immer mehr Unternehmen in Deutschland haben Schwierigkeiten, ihre eigene Zukunft einzuschätzen. Das Ifo-Institut signalisiert einen wachsenden Mangel an Klarheit – die Gründe sind vielfältig.

heute 07:41 Uhr | 26 mal gelesen

Nicht erst seit gestern, sondern schon seit Monaten schleicht sich in Wirtschaftskreisen ein Gefühl von Nebel ein – zumindest, was den Blick in die eigene Zukunft betrifft. Laut aktuellen Ergebnissen der Konjunkturumfrage des Ifo-Instituts gaben im Oktober satte 77,8 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie ihre Geschäftsentwicklung nur schwer – oder eher schwer – abschätzen können. Im Vergleich: Im September waren es noch 75,4 Prozent, im Juni 72,2 Prozent. Das macht tatsächlich die zweithöchste Verunsicherung seit den wilden Pandemie-Monaten aus. Klaus Wohlrabe, verantwortlich für die Ifo-Umfragen, bringt es so auf den Punkt: Die Wirtschaft wird derzeit von mehreren Seiten in die Zange genommen – geopolitische Unsicherheiten, bröckelnde Reformankündigungen und eine politische Großwetterlage, die wenig Orientierung gibt. Besonders betroffen: die Industrie. Hier erreicht die Planungsangst beinahe 90 Prozent der Unternehmen. Aber auch Handel (85,3 Prozent), Bau (72,7 Prozent) und selbst der Dienstleistungssektor (knapp 70 Prozent) ächzen unter dem Unsicherheitsdruck. Die Hoffnung im Bausektor liegt immerhin auf kommenden Investitionspaketen, deren Umsetzungspläne jedoch noch etwas im Nebel verharren. Zum Vergleich: Vor der Pandemie, als wirtschaftliche Unsicherheit gefühlt eine Randerscheinung war, lagen die Werte um einiges tiefer – in manchen Branchen fast auf halbem Niveau.

Die Aussagekraft der jüngsten Ifo-Umfrage unterstreicht, wie sehr sich wirtschaftliche Unsicherheit über sämtliche Branchen in Deutschland legt. Auffällig ist, dass sich dieses mulmige Gefühl seit der Corona-Krise nahezu institutionalisiert hat: Einstige Tiefststände von Unsicherheiten sehen im aktuellen Klima fast historisch aus. Neben den offenkundigen geopolitischen Spannungen sorgen auch stockende politische Initiativen und eine zunehmend komplizierte globale Lieferkettensituation dafür, dass Planungen im Großen wie im Kleinen zum Lotteriespiel geworden sind. Ergänzend dazu zeigt eine Recherche in aktuellen Medien: Viele Unternehmen berichten von verstärktem Spardruck und einer abwartenden Haltung bei Investitionen. Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsthemen geraten zwar in den Fokus, werden aber oft zugunsten kurzfristiger Krisenabwehrmaßnahmen zurückgestellt. Auch die Erwartungshaltung bezüglich der Bundesregierung wächst – viele hoffen auf handfeste Reformpakete, doch Zweifel über Tempo und Richtung bleiben bestehen.

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