Letzter deutscher Silizium-Hersteller gibt auf: Aus für RW Silicium in Pocking

In Deutschlands Rohstofflandschaft zieht sich mit RW Silicium der letzte Produzent für metallurgisches Silizium zurück – mitten in Zeiten, in denen Unabhängigkeit bei kritischen Rohstoffen gefordert wird.

11.12.25 19:35 Uhr | 37 mal gelesen

Wenn man ehrlich ist, hat es sich über Jahre angekündigt, aber jetzt ist es offiziell: RW Silicium in Pocking macht zum Ende 2025 dicht. Der Vorstandschef der Dachgesellschaft, Heinz Schimmelbusch, drückte es fast resigniert aus: Dank ausbleibender Rentabilität und den anhaltenden Schwierigkeiten sieht er keinen Silberstreif mehr am Horizont. Gut drei Jahre haben sie versucht, den Standort mit allerlei Rettungsversuchen über Wasser zu halten – vergeblich. Freitag erfahren die verbliebenen 110 Angestellten, wie es nun konkret weitergeht und welche Optionen oder Abfindungen bei der Betriebsschließung auf dem Tisch liegen. Ein Markenname, der seit 1942 bestand, verschwindet; in den Höhepunkten liefen aus den Öfen bis zu 30.000 Tonnen Silizium jährlich. Dieser Rohstoff ist nicht nur für Solarzellen gebrauchen, sondern auch für Batterien und Elektronik schlechthin – gewitzterweise genau die Industrien, auf deren Ausbau alle Welt schaut. Der eigentliche Knackpunkt – abgesehen von einer Industriekrise und Billigimporten – war der rapide gestiegene Strompreis nach Kriegsbeginn in der Ukraine. Neun Cent pro Kilowattstunde, dreifach teurer als zuvor, das hält keiner auf Dauer durch. Wegen des globalen Preisverfalls, vor allem angetrieben durch chinesische Anbieter, musste RW quasi dauerhaft unter seinen Herstellungskosten verkaufen. Und damit ist die Kette noch nicht zu Ende: Auch die Duisburger PCC-Gruppe hat die Siliziumproduktion unter ähnlichen Vorzeichen in Island heruntergefahren. Deren Chef hält den Wettbewerb für zutiefst unfair und kritisiert neben den niedrigen Preisen aus China auch deren mangelnde Sozial-, Umwelt- und Arbeitssicherheitsstandards – von Zwangsarbeit bis Umweltverschmutzung, alles dabei. EU-Kommission und Bundesregierung reden zwar viel von Lieferkettenschutz, können dem aber offenbar wenig entgegensetzen. Währenddessen fährt China weiter unbehelligt die großen Mengen an Silizium nach Europa.

Die Schließung von RW Silicium verdeutlicht die Schwächen der europäischen Rohstoffstrategie, insbesondere angesichts steigender Energiepreise und starker Billigkonkurrenz aus China. Aktuelle Recherchen zeigen, dass nicht nur deutsche, sondern auch andere europäische Hersteller unter ähnlichen Bedingungen leiden: So ist der Wettbewerb nach wie vor einseitig, vor allem weil chinesische Produzenten mit geringen Lohn- und Umweltstandards arbeiten und der Markt etwa bei Solarmodulen zunehmend von Importware dominiert wird. In politischen Debatten fordern Verbände und Teile der Industrie schärfere Schutzmaßnahmen wie Zölle oder Anti-Dumping-Regeln, doch bislang bleiben die Auswirkungen für den hiesigen Arbeitsmarkt und die Versorgungssicherheit besorgniserregend. Laut aktuellen Artikeln aus der Süddeutschen Zeitung, ZEIT Online und FAZ werden damit auch Investitionen der Bundesregierung in eine unabhängige Solarindustrie konterkariert. Branchenexperten prognostizieren zudem, dass Solar- und Halbleiterprojekte in der EU ohne wirksame Schutzmaßnahmen weiter zurückfallen werden.

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