Was man dieser Tage öfter aus den Mittelstandsbüros hört, klingt fast schon nach Zuversicht: Mehr Bewerbungen und quasi in Zeitlupe agierende Großunternehmen – läuft also, oder? Aber typisch Mensch: Wer zu früh entspannt, übersieht schnell das große Ganze. Denn ein genaues Hinsehen offenbart, dass Quantität noch lange keine Qualität ist. Viele der aktuellen Bewerber*innen passen schlicht nicht ins Profil, Engagement und Passung bleiben Mangelware. Oft genug ist das den Personalern schon beim ersten Durchblättern der standardisierten Lebensläufe klar. Stell dir vor, du suchst jemanden für eine anspruchsvolle Aufgabe – und bekommst lauter Anfragen von Leuten, die sich offenbar keinen Deut mit deinem Unternehmen beschäftigt haben.
Heiko Weiland, der mit seiner Vertriebsberatung viele Mittelständler begleitet, sieht in dieser Situation vor allem eins: eine trügerische Ruhe. Große Arbeitgeber verlagern die PS nach innen – sie machen auf leise, während sie digitalisieren, KI-Lösungen vorantreiben und sich ordentlich aufrüsten. Das ist, als würden deine stärksten Konkurrenten einen Boxenstopp einlegen, um heimlich Turbotreibstoff nachzutanken. Wenn die wieder rausfahren, haben sie plötzlich einen ganz anderen Speed. Gleichzeitig kämpfen die Personaler im Mittelstand häufig mit in die Jahre gekommenen Prozessen, die mit Ausdrucken, separaten Tools und Worddokumenten perfekt die deutsche Büroklammer-Seele widerspiegeln. Klarer Fall von 'geht schon irgendwie', aber effizient oder modern ist anders.
Während Konzerne bereits fleißig KI im Recruiting und der Mitarbeiterverwaltung einsetzen, tastet sich der Mittelstand nur vorsichtig an Einzelanwendungen heran. Die Riesen testen auf breiter Front – und der Rest? Der bleibt lieber in eingefahrenen Bahnen und blockiert damit, dass kluge Köpfe im eigenen Haus ständig mit Papierkram und Listen jonglieren. Dabei könnte gerade jetzt echte Innovation entstehen. Wer jetzt – in dieser Phase relativer Unaufgeregtheit – neue Strukturen aufbaut, digitale Prozesse integriert und den Sprung zur strategischen Arbeitgebermarke wagt, der kann aus dem Schatten der Großen treten. Das Zeitfenster ist endlich; wenn VW, Bayer & Co. wieder Gas geben, verschieben sich die Chancen.
Es geht nicht bloß um Technologie, sondern auch um Haltung: Sichtbarer werden, mutiger kommunizieren, sich ehrlich und klar im Bewerbermarkt positionieren – und eben nicht nur darauf hoffen, dass die nächste Bewerbung endlich der perfekte Volltreffer ist. Am Ende wird der Mittelstand nur dann dauerhaft gewinnen, wenn er diese Phase nutzt, um an sich selbst zu arbeiten statt fremdgesteuert zu reagieren.
Die derzeitige Entspannung auf dem Arbeitsmarkt täuscht: Viele Mittelständler verkennen, dass die gestiegenen Bewerbungszahlen nicht automatisch zu mehr passenden Kandidatinnen und Kandidaten führen. Während große Konzerne im Hintergrund moderne Strukturen und Künstliche Intelligenz vorantreiben, verharren viele mittelständische Unternehmen noch in alten Mustern – besonders im Personalbereich, wo digitale und koordinierte Prozesse weitgehend fehlen. In dieser Übergangszeit, in der der Wettbewerb vermeintlich geruhsam erscheint, hätten Mittelständler die Chance, sich zu modernisieren, ihre Arbeitgebermarke zu schärfen und künftig attraktiver für Talente zu werden – bevor die nächste Wettbewerbswelle anrollt.
Laut aktuellen Berichten in der Süddeutschen Zeitung geraten deutsche Mittelständler weiterhin durch Digitalisierung und den Fachkräftemangel unter Druck, während neue Technologien und Automatisierung für Entlastung sorgen könnten. (sueddeutsche.de)
Die FAZ hebt hervor, dass Arbeitgeber im Mittelstand ihre Personalstrategien in der aktuellen Phase rasch anpassen sollten, um nach dem Ende des Einstellungsstopps bei Großkonzernen nicht ins Hintertreffen zu geraten. (faz.net)
Spiegel Online berichtet aktuell, dass insbesondere die Digitalisierung von HR-Prozessen und der offene Umgang mit fortschrittlichen Arbeitsmodellen, etwa Remote Work und KI, jetzt entscheiden könnten, ob der Mittelstand aus der aktuellen Marktphase gestärkt hervorgeht. (spiegel.de)