Zeh redet Klartext: „Die sogenannte Brandmauer, die die AfD kleinhalten sollte, ist, wenn wir ehrlich sind, gescheitert“, erklärt sie im Gespräch mit der 'Wochentaz'. Trotz aller Bemühungen der vergangenen Dekade: Die AfD gewinnt unaufhörlich an Zustimmung. Ein Beispiel aus Brandenburg macht das besonders deutlich: Ohne die Stimmen der AfD lassen sich inzwischen keine Verfassungsrichter wählen – sie hält dort die Sperrminorität. Zeh fragt in den Raum: 'Lassen wir dann die Posten einfach unbesetzt?'
Ein mögliches AfD-Verbotsverfahren sieht sie kritisch. Zeh meint, fast jeder clevere AfD-ler würde sich ein solches Verfahren wünschen, weil gerade davon ihre Partei profitieren könnte – das würde sie regelrecht stärken.
Generell wendet sich Zeh gegen übertrieben alarmistische Warnungen vor einem möglichen Zusammenbruch der Demokratie. Wer ständig den Untergang heraufbeschwört, nimmt den Menschen die Zeit und den nervlichen Raum, sich wirklich mit den Werten von Demokratie und Liberalismus auseinanderzusetzen. 'Das spielt letztlich denen in die Karten, die ohnehin die Angstpolitik betreiben', sagt sie. Diese Kritik richtet sie auch an die Medien, die mit dramatisierenden Schlagzeilen operieren: Wer alles an die Wand malt – vom Staatskollaps bis zum Weltkrieg –, verschärft die gesellschaftliche Stimmung nur unnötig.
Wer Zeh kennt, weiß: Sie lebt in Brandenburger Provinz, ihren Alltag teilt sie mit vielen Bürgern, die AfD wählen. Dort macht sie aus erster Hand die Erfahrung, dass Menschen massiv das Vertrauen in klassische Parteien verloren haben – es fehlt an so vielem: vernünftige Schulen, Busverbindungen, ärztlicher Versorgung, erschwinglicher Wohnraum. Ihr Vorschlag gegen den konstanten Zuspruch zur AfD ist entsprechend bodenständig: Nur eine echte Politik der Problemlösung, die konkret Verbesserungen bringt, könne das Misstrauen in die Demokratie auflösen und den Populisten Wind aus den Segeln nehmen.
Juli Zeh hält die Brandmauer-Strategie liberaler Parteien gegen die AfD für gescheitert. Sie warnt vor Alarmismus, da dieser Rechtspopulisten in die Hände spiele, und setzt stattdessen auf konstruktive Politikinhalte, die den Menschen konkret weiterhelfen. Darüber hinaus ließ sich in den letzten Tagen beobachten, dass sowohl in Brandenburg als auch sachsenweit die Strategiedebatte weiter eskaliert: Ein Sammeln an der sog. 'Brandmauer' wird zunehmend als Symbolpolitik wahrgenommen, etwa im Zusammenhang mit Justiz- und Verwaltungspersonal, wo die AfD durch Sperrminoritäten immer stärker ins Zentrum der politischen Entscheidungsprozesse rückt (siehe aktuelle Berichte von ZEIT und FAZ). Neuere Umfragen zeigen sogar Verschiebungen der AfD-Sympathien im Westen, was den moralischen und strategischen Druck auf die etablierten Parteien weiter erhöht. Gleichzeitig berichten Medien über weitere Diskussionen hinsichtlich der Legalität und der politischen Wirksamkeit eines möglichen AfD-Verbotsverfahrens; Stimmen aus der Wissenschaft warnen vor einer Selbstverstärkung politischer Extreme durch repressive Maßnahmen (aktuelle Inhalte auf DW und Süddeutsche).