Heidi Tagliavini, die seit Jahrzehnten in Spannungsgebieten unterwegs ist, wundert sich manchmal selbst über die Mechanismen der Macht. „Donald Trump hat offenbar früh erkannt, dass Präsident Putin enormen Wert darauf legt, auf Augenhöhe behandelt zu werden – das ist für so jemanden fast wie ein Grundbedürfnis“, erzählt sie im Gespräch mit der taz. Allein die Einladung Putins durch Trump nach Alaska sei ein dramaturgischer Coup gewesen, eine Bühne fürs Image, weltweit sichtbar.„Das ist reine Symbolpolitik, aber von der ganz wirkungsvollen Art.“
Was Tagliavini besonders hervorhebt, ist die enorme Geschwindigkeit, mit der sich derzeit politische Lagen verschieben. „Wenn man heute Kanäle kappt, werden sie morgen vielleicht schmerzlich fehlen“, gibt sie zu bedenken. Generell sei es fatal, auf direkte Gespräche zu verzichten – und diese Meinung vertritt sie nicht nur mit Blick auf Russland.
Mit Blick auf Europa und die anhaltenden Ukraine-Verhandlungen verweist Tagliavini auf eine unterschätzte Stärke: Die EU kann, so betont sie, als integrative Kraft auftreten, solange sie ihre Linien gemeinsam vertritt. „Wir müssen uns darauf einigen, ob mit oder ohne Kanzler Merz, dass Europäer als Partner der Ukraine fest zusammenstehen.“ Mit Blick auf Trumps Unberechenbarkeit und Putins Kreml müsse die Union sich nicht unter Wert verkaufen. Gerade jetzt in der Ukraine-Krise sei einig bleiben wichtiger denn je.
Wer sich an Tagliavinis Karriere erinnert – vom Einsatz im Kaukasus bis zur Leitung der OSZE-Mission in der Ukraine – weiß, ihre Worte sind nicht akademisch, sondern basieren auf Jahren zwischen den Fronten und politischen Überraschungen.
Heidi Tagliavini fordert, dass Gesprächskanäle zu Präsident Putin offenbleiben, auch wenn die Welt sich rasant verändert und Unsicherheiten herrschen. Dabei warnt sie besonders davor, diplomatische Brücken aus Verärgerung voreilig abzubrechen – schon morgen könnten gerade diese Türen essenziell sein. Die EU, so Tagliavini, müsse ihren Einfluss als einheitlicher Akteur stärken, gerade auch angesichts der Rolle der USA und der angespannten Situation um die Ukraine. Tagliavinis Erfahrungen zeigen, dass in Krisen oft unerwartete Wendungen warten, und dass Europa handlungsfähig bleiben muss.
Nach aktueller Recherche herrscht in den europäischen Medien weiterhin die Sorge vor einer weiteren Verschärfung des Ukraine-Konflikts, begleitet von einer Diskussion über die Gesprächsbereitschaft mit Russland. Die jüngsten Artikel thematisieren, dass diplomatische Kontakte trotz aller Sanktionen unverzichtbar bleiben, um Eskalationsspiralen zu vermeiden – auch, wenn viele dem skeptisch gegenüberstehen. Zugleich manifestiert sich die Notwendigkeit für Europa, strategische Einigkeit zu demonstrieren und nicht zwischen den großen Mächten zerrieben zu werden.