Lars Castellucci: Deutschlands Versprechen gegenüber afghanischen Schutzsuchenden gerät ins Wanken

Lars Castellucci, der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, macht seinem Ärger über die langwierige Aufnahme von Afghanen mit gültigen Aufenthaltszusagen Luft.

heute 07:52 Uhr | 27 mal gelesen

Manchmal frage ich mich ernsthaft, wie Versprechen seitens der Politik gemacht und wieder vergessen werden. Der SPD-Politiker Lars Castellucci hat jedenfalls genug davon – und das äußerst öffentlich. Während das humanitäre Aufnahmeprogramm für afghanische Schutzsuchende inzwischen nahezu stillgelegt ist, verdeutlicht Castellucci, wie sehr das zähe Vorgehen Deutschlands das internationale Ansehen beschädigt. Es geht, wohlgemerkt, nicht um Hunderttausende, sondern um eine ziemlich überschaubare Gruppe von etwa 1500 Menschen, die mit Aufnahmezusage gerade irgendwo zwischen Pakistan und Afghanistan festsitzen, im Wartestand auf ihre Ausreise nach Deutschland. Er sagt, man müsse jetzt wirklich alles daransetzen, diesen Leuten endlich zu helfen – „Wir müssen jetzt alle Kräfte bündeln.“ Dramatische Worte. Und auch ein Stück Wut schwingt mit: Die aktuelle Situation sei dramatisch, und Castellucci stellt klar, dass ein Nichthandeln alles andere als ein Aushängeschild für die Bundesrepublik wäre. Das, so gesteht er offen ein, steht im Gegensatz zu seinem Verständnis einer solidarischen, verlässlichen Gesellschaft. Aber sind wir noch so eine?

Es ist inzwischen beinahe drei Jahre her, dass die Taliban erneut in Afghanistan die Kontrolle übernommen haben. Zahlreiche afghanische Ortskräfte und gefährdete Aktivistinnen und Aktivisten haben seitdem eine Aufnahmezusage von Deutschland erhalten, viele warten jedoch weiterhin in unsicheren Drittstaaten wie Pakistan oder sogar in Afghanistan selbst – oft unter prekären Bedingungen. Menschenrechtsorganisationen und auch UN-Insider werfen Berlin mangelnden politischen Willen und bürokratische Hürden vor; die Bundesregierung betont, man arbeite an Lösungen, doch der Fortschritt bleibt langsam. Aktuell wächst in Politik und Zivilgesellschaft der Druck, den ersten Aufnahmezusagen Taten folgen zu lassen und so den bedrohten Menschen ein neues, sicheres Leben in Deutschland zu ermöglichen.

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