Leistungsprämien: Wenn der Bonus zur Bürde wird

Neue Forschungsergebnisse zeigen: Bezahlung nach Leistung lässt Stress, Isolation und Alkoholkonsum ansteigen – und trifft Frauen besonders häufig.

heute 09:24 Uhr | 23 mal gelesen

Wer meint, dass leistungsgerechte Entlohnung automatisch motiviert, hat womöglich die Rechnung ohne die Nebenwirkungen gemacht. Eine deutsch-amerikanische Forschungsgruppe – konkret: Uni Trier und University of Wisconsin-Milwaukee – hat das umfangreiche sozio-ökonomische Panel aus den Jahren 2004 bis 2016 durchforstet. Das Ergebnis ist einigermaßen ernüchternd: Jobs, bei denen das Gehalt direkt an individuelle Leistung gekoppelt wird, sorgen offenbar für steigende Anspannung vor allem bei Menschen, die eher Sicherheit mögen als Abenteuer. Es ist, als würde das Gehalt zum täglichen Lotteriespiel – und das bekommt nicht jedem. Erstaunlich (und ziemlich beklemmend): Die gefühlte Einsamkeit schnellt durch leistungsbasierte Lohnmodelle derart nach oben, dass der Effekt in etwa so schmerzt, als hätte man gerade eine Handvoll guter Freunde verloren – zehn, um genau zu sein. Außerdem schraubt sich der Alkoholkonsum in die Höhe, wobei Frauen besonders anfällig scheinen. Vielleicht, weil sie oft auf mehreren Hochzeiten tanzen: Beruf, Familie, Mental Load. Ein kleiner Lichtblick am Rande, sofern man einen sucht: Speziell für Frauen erhöht sich durch die erfolgsorientierte Bezahlung die wöchentliche Arbeitszeit ein bisschen stärker als bei Männern und verringert damit das Zeit-Gefälle zwischen den Geschlechtern ein Stück weit. Aber selbst Studienleiter Uwe Jirjahn hält das nicht für ein Argument, diese Vergütungsmodelle als Gleichmacher zu empfehlen. Im Gegenteil: Die Risiken sprechen wohl lauter als der scheinbare Vorteil.

Die Forschung unterstreicht, dass leistungsorientierte Bezahlung vor allem bei sicherheitsorientierten Beschäftigten und Frauen den Stress und problematische Bewältigungsstrategien wie erhöhten Alkoholkonsum fördert. Die Autoren mahnen, dass insbesondere Frauen durch die Doppelbelastung von Familie und Beruf stärker betroffen seien – trotz eines kleinen Zugewinns an Arbeitszeitgleichheit. Neuere Berichte zeigen zudem, dass die Debatte um faire Vergütungsmodelle und deren soziale Folgen weiterhin aktuell ist – auch angesichts steigender psychischer Erkrankungen am Arbeitsplatz.

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