Medientage München 2024: Künstliche Intelligenz, Medienzukunft und die Macht der Disruption

München – Kaum ein Schlagwort beschäftigt Medienschaffende derzeit mehr als das der KI. Das Feld zwischen Chancen und Risiken wächst; Euphorie, Skepsis, Unsicherheit – alles lag in der Luft der diesjährigen MEDIENTAGE MÜNCHEN. Über 350 Expert:innen stritten, lebhaft und oft auch widersprüchlich, über die Fragestellung: Kann Innovation Gesellschaft und Geschäftsmodelle wirklich aufbrechen, ohne dabei demokratische Grundwerte aufs Spiel zu setzen? Drei Tage prall gefüllt mit Debatten im House of Communication.

24.10.25 22:55 Uhr | 25 mal gelesen

Die Medienlandschaft wirkt momentan wie ein Laborversuch. Künstliche Intelligenz eröffnet Türen, sprengt aber auch alte Sicherheiten. Während Unternehmer:innen die wirtschaftlichen Möglichkeiten feiern – neue Erlösmodelle, bessere Skalierbarkeit, fast grenzenlose Kreativität – spüren andere, wie Sand im Getriebe: Publizistische Pluralität, Transparenz und die Glaubwürdigkeit journalistischer Inhalte stehen auf dem Prüfstand. Genau dieses Spannungsfeld zog sich durch alle Diskussionen der diesjährigen #MTM25, der – zumindest nach eigenem Verständnis – wichtigsten Medienkonferenz Europas. Welche Inhalte werden von KI bevorzugt? Bleibt noch ein journalistisches Gewissen übrig, wenn Algorithmen selektieren? Und was passiert, wenn klassischer Journalismus auf Plattformen wie ChatGPT oder Gemini verkümmert, weil Nutzer:innen nicht mehr auf bekannte Marken setzen? Das Tempo der technischen Entwicklung wirkt so entfesselt, dass selbst erfahrene Medienleute gelegentlich Resignation durchscheinen ließen.

Bei allen Kontroversen, eines war offenbar Konsens: Wir hinken bei Regulation und Schutz der Meinungsfreiheit dem Innovationsdruck gewaltig hinterher. Forderungen nach Digitalsteuern (z.B. auf US-Techgiganten) trafen auf Warnungen vor Bürokratismus, der am Ende alle ausbremst. Interessant die Metapher von Dr. Thorsten Schmiege: Regulierung ähnelt einem Kräutergarten, aus dem auch manche Regel wild wuchert – und verdammt schwer zu bändigen ist.

Hinter den Kulissen und auf fünf Bühnen stritten Lobbyist:innen, Politgrößen, Medienmacher:innen über Europas Rolle, Zukunft des TVs, nachhaltige Medienprojekte, KI-Anwendungen im Journalismus, bis hin zu Recruiting-Problemen. Viele Formate waren explizit zum Mitmachen, ob Panel, Case Study oder bei den Riesenrad-Talks. Prominenz und Vielfalt waren geboten: von CSU-Ministerpräsident Söder bis hin zum YouTube-Chef Briese, von KI-Pionieren bis Influencern – ein Mosaik der Inhalte. Die Nebenformate reichten von Award-Verleihungen zum 'Blauen Panther' und Sustainability-Preisen bis journalistischen Lunches und Expo-Partys. Der Tenor am Ende, durchaus von Zweckoptimismus getragen: Wer den Wandel nicht gestaltet, wird überrollt. Aber niemand weiß so richtig, wie es ausgeht.

Die 39. Medientage München standen – mehr als je zuvor – im Zeichen der digitalen Disruption durch Künstliche Intelligenz: Meinungsvielfalt, Arbeitsmarkt und ethische Grenzziehung geraten unter Druck, denn KI verändert Produktion, Auswahl und Rezeption von Medien grundlegend. Während die einen mehr Regulierung und klare Transparenz der Algorithmen fordern, warnten andere vor Überregulierung und Innovationshemmnissen – ein Ringen, das sich durch sämtliche Foren, Podiumsdiskussionen und Masterclasses zog. Ergänzt wurden die Debatten durch einen breiten Mix aus politischen Vertreter:innen, Brancheninsider:innen und Tech-Expert:innen; zahlreiche Programmpunkte verdeutlichten zudem: Die Zukunft der Medien gestaltet sich offener, aber auch riskanter als je zuvor.

Zusätzliche Recherche:
Aktuelle Medienberichte legen nahe, dass die Unsicherheiten um KI weiterwachsen: Die Süddeutsche Zeitung berichtet von einer fortschreitenden Verschmelzung redaktioneller und automatisierter Inhalte, was einerseits zu Effizienz, andererseits zu Misstrauen beim Publikum führt. FAZ hebt hervor, dass die EU gerade ein Digitalgrundgesetz diskutiert, das explizit Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Algorithmen verlangt. Der Spiegel berichtet von den ersten Pilotprojekten deutscher Medienhäuser, die ChatGPT und andere KI-Anbieter in ihre Nachrichtenproduktion einbinden – teils unter strengen Auflagen, teils noch leidenschaftlich umstritten.

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