Sophie von der Tann und Katharina Willinger erhalten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis 2025

Köln – Die ARD-Korrespondentinnen Sophie von der Tann (Studio Tel Aviv) und Katharina Willinger (Studio Istanbul/Teheran) sind die diesjährigen Trägerinnen des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises. Der Sonderpreis geht an die Organisation 'Reporter ohne Grenzen', während Borhan Akid vom WDR den Förderpreis erhält.

heute 07:00 Uhr | 59 mal gelesen

Die Jury des traditionsreichen Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises macht in diesem Jahr erneut ein deutliches Zeichen für integren Journalismus. Angesichts der schleichenden Expansion autoritärer Systeme und dem Angriff auf Pressefreiheit wolle man jene auszeichnen, die unter erhöhtem Druck ihre Arbeit gewissenhaft fortführen – so gab es die Jurychefin Sandra Maischberger bekannt. Auch Prof. Andreas Voßkuhle unterstreicht mit seinem geplanten Vortrag 'Presse im Visier, Demokratie in Gefahr' die Relevanz des Themas zur Preisverleihung, die natürlich nicht zufällig mit dem 30-jährigen Bestehen des Preises zusammenfällt. Die diesjährigen Preisträgerinnen arbeiten unter Bedingungen, bei denen viele längst ausgestiegen wären. WDR-Intendantin Katrin Vernau sieht im Preis einen dringend nötigen Appell an Medientreibende, Haltung zu bewahren und trotz Desinformationswellen und Polarisierungsdruck unabhängig zu bleiben. Ihr Kollege, NDR-Intendant Hendrik Lünenborg, pflichtet ihr bei: Echte journalistische Relevanz entstehe erst durch Vielfalt und genaues Zuhören. Mit Sophie von der Tann wird eine Journalistin ausgezeichnet, die seit geraumer Zeit aus Israel berichtet – und inmitten des Angriffs der Hamas im Herbst 2023 live und gestochen scharf die Lage einsortiert hat. Ihre Sprachkenntnisse ebenso wie ihr besonderer Blick auf das Land ermöglichen eine Berichterstattung, die weder klischeehaft vereinfacht noch unangemessen distanziert ist. Ihr gelingt der Spagat aus Nahbarkeit und professioneller Distanz, auch und gerade im Spannungsfeld der deutsch-israelischen Geschichte und inmitten öffentlicher und politischer Erwartungen. Katharina Willinger steht für Berichterstattung aus schwierigen Regionen wie Iran und der Türkei – übersetzt komplexe politische Gemengelagen in verständliche Geschichten und gibt dabei vor allem denen eine Stimme, die unter autokratischer Führung zu leiden haben. Ihr Journalismus scheut sich nicht vor unbequemen Wahrheiten und besticht durch einfühlsame Begegnungen mit Alltagsgeschichten hinter den Schlagzeilen. Ihr Weg führte sie von Bamberg nach Istanbul und Teheran; mehrfach hat sie ihre Neugier und Unerschrockenheit unter Beweis gestellt – nicht nur als Korrespondentin, sondern auch als Brückenbauerin. Den Sonderpreis erhält die internationale Organisation 'Reporter ohne Grenzen', ein Zeichen für das Engagement gegen zunehmende Gewalt und Repressionen gegenüber Medienschaffenden. Gerade in aktuellen Kriegen, von Gaza über Russland bis in den Westen, sind Journalisten zunehmend Zielscheibe nicht nur ausländischer, sondern längst auch inländischer Interessen. Daraus resultiert eine immense Bedeutung unabhängiger Selbsthilfestrukturen und Solidarität, wie sie 'Reporter ohne Grenzen' lebt. Borhan Akid schließlich erhält den Förderpreis – er hat mit eigenen Geschichten und Formaten das Thema Flucht und Integration aus ungewöhnlichem Winkel beleuchtet. Seine Reportage mit Angela Merkel sowie die persönliche Rückkehr nach Syrien reißen für einen Moment die medialen Muster auf und zeigen: Migration ist mehr als eine statistische Kategorie; es ist ein Menschenschicksal, das mehr als eine Perspektive verdient hat. Der Friedrichs-Preis feiert sein Jubiläum – und würdigt weiterhin all jene, die mit Beharrlichkeit und kritischem Geist unseren Zugang zur Welt lebendig halten. Mehr unter: https://hanns-joachim-friedrichs.de

Der Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis würdigt 2025 die besonderen Leistungen zweier Reporterinnen, die in Kriegs- und Krisengebieten für einen differenzierten, mutigen Journalismus stehen. Die Verleihung betont insbesondere die Bedeutung von journalistischer Unabhängigkeit in einer Zeit, in der Pressefreiheit global zunehmend attackiert und eingeschränkt wird – nicht zuletzt durch Regierungen, sondern auch durch gesellschaftliche Polarisierung und digitale Angriffe. Neue Entwicklungen im letzten Jahr zeigen, dass der Druck auf Medienhäuser steigt: Etwa die anhaltende Gewalt gegenüber Journalisten im Gaza-Krieg, die massive Repression gegen unabhängige Medien in Russland, die subtileren Schikanen auch in EU-Ländern wie Ungarn oder Polen und die Debatte um „Fake News“ und Social Bots in westlichen Demokratien. Reporter ohne Grenzen hat jüngst berichtet, dass 2024 bereits mehr als 60 Journalistinnen und Journalisten im Zusammenhang mit ihrer Berichterstattung getötet wurden und die Wahrung der Pressefreiheit kein Randthema, sondern ein Gradmesser gesellschaftlicher Freiheit bleibt. Die Gefahr von schleichender Selbstzensur ist laut Medienexperten aktuell so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Deutsche Medienhäuser ringen zunehmend mit den Folgen von Desinformationskampagnen und Shitstorms im Netz, die Berichte selbst aus demokratischen Ländern beeinflussen können.

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