Manchmal reicht ein Detail, um den gesamten Bund-Länder-Frieden zu stören: Die geplante Reduzierung der Mehrwertsteuer für Gastronomie sowie die Erhöhung der Pendlerpauschale sorgen aktuell für enormen Ärger. Ein Sprecher von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) erklärte in der 'Rheinischen Post' ziemlich klar, dass die Länder nicht bereit sind, die zu erwartenden Steuerausfälle einfach zu schlucken. Nordrhein-Westfalen zieht dabei übrigens mit. Schon in einem Beschluss Mitte Juni wurde wieder mal auf den Grundsatz verwiesen: Wer bestellt, zahlt. Also, die politische Ebene, die eine Entlastung beschließt, soll bitteschön auch die Kosten tragen.
Das klingt logisch – gelegentlich zumindest. Damit es kein Papiertiger bleibt, will eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe bis Anfang Dezember Vorschläge erarbeiten. Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) schlägt in die gleiche Kerbe: 'Jetzt ist Schluss mit den Milliardengeschenken auf Bundesebene zu Lasten der Länder.' Falls der Bund beschließt, müsse er aus eigener Tasche zahlen. Lars Klingbeil, SPD-Chef und Bundesfinanzminister, stellt sich da quer: Entlastungen – ja; Kompensation – nein.
Das Kabinett hat den Plänen bereits zugestimmt, aber Bundestag und -rat müssen noch nicken. Die Senkung der Gastro-Mehrwertsteuer auf sieben Prozent soll ab 2026 greifen, ebenso wie die einheitliche Pendlerpauschale von 38 Cent schon ab dem ersten Kilometer. Ebenfalls im Paket: Die Anhebung der Ehrenamtspauschale auf 960 Euro jährlich. Die Länder laufen jedoch Sturm: Die Entlastungen summierten sich auf Milliarden – und die Hälfte geht zu Lasten der Landesfinanzen und Kommunen. Bremen etwa, akut klamm, warnt vor einem Steuerloch von 20 Millionen – allein wegen der Gastro-Regel. Der Bremer Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) bringt es auf den Punkt: Lokale Kassen dürfen nicht für die Bundespolitik bluten. Wenn eine einzelne Branche entlastet werden soll, müsse Berlin den Preis übernehmen – und zwar vollständig. Ohne Wenn und Aber.
Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie und die gleichzeitig geplante Erhöhung der Pendlerpauschale stehen im Zentrum eines hitzigen Kompetenzstreits zwischen Bund und Ländern. Mehrere Bundesländer verweigern kategorisch, die aus den Steuererleichterungen resultierenden Einnahmeausfälle allein zu tragen, zumal Kommunen strukturell ohnehin finanziell klamm sind. Aktuell läuft eine Arbeitsgruppe, die bis zum Treffen mit dem Kanzler am 4. Dezember Lösungen entwickeln soll – aber die verhärteten Positionen lassen wenig Kompromissbereitschaft erkennen, was den Weg für eine veritable Bund-Länder-Konfliktlage ebnet.
Erweiterung: In den letzten Tagen spitzte sich die Debatte weiter zu. Auf www.faz.net wird aktuell berichtet, dass vor allem ostdeutsche Flächenländer, die traditionell stärker auf staatliche Ausgleichszahlungen angewiesen sind, besondere Sorgen anmelden und darauf hinweisen, dass weitere Steuerausfälle Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Energie gefährden könnten. Das Thema wird zudem unter dem Blickwinkel des Föderalismus diskutiert: Während einige Stimmen in der 'Süddeutschen Zeitung' mehr Verantwortung und Gestaltungsfreiheit für die Länder fordern, warnt eine Analyse auf www.spiegel.de davor, dass ein Dauerstreit um Lastenteilung das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates erodiert. Die Verhandlungen dürften angesichts dieser fundamentalen Differenzen in den kommenden Wochen alles andere als einfach werden.