Sozialabgaben in Deutschland könnten deutlich stärker steigen als befürchtet

Neue Analysen unterstreichen: Die Alterung der Gesellschaft in Deutschland wird die Beiträge zur Sozialversicherung spürbar in die Höhe treiben – wohl noch mehr als bislang angenommen.

heute 09:54 Uhr | 19 mal gelesen

Es ist schon fast ein alter Hut, dass der demografische Wandel die Sozialkassen belastet – doch die neuesten Zahlen geben dem Ganzen noch eine schärfere Wendung. Der Ökonom Martin Werding, der an der Ruhr-Universität Bochum lehrt und obendrein einer der sogenannten „Wirtschaftsweisen“ ist, hat aktuelle Berechnungen angestellt, die auf frischen Daten des Statistischen Bundesamts fußen. Ergebnis: Die Erwerbsbevölkerung schrumpft schneller als gedacht. Dadurch wird – und das klingt erstmal wie ein Zahlenschock – der Mittelbedarf der Sozialversicherung so richtig nach oben getrieben: Bis 2050 könnten rund 53 Prozent vom Bruttolohn für Sozialbeiträge draufgehen. Zum Vergleich: Momentan liegt der Rentenbeitrag noch bei 18,6 Prozent, doch Werding prognostiziert bis zu 22,8 Prozent. Krankenversicherung? Bis zu 19,1 Prozent (derzeit 17,1). Pflegeversicherung: 5,4 Prozent (aktuell 3,7) – Arbeitslosenversicherung sogar bis 5,6 Prozent, jetzt erst 2,6 Prozent. Das Ganze ist übrigens nur eine Modellrechnung und keine exakte Prophetie – kleine Schwankungen nach oben oder unten seien drin, meint Werding, aber die Richtung stimmt bedenklich. Langfristig, wenn man bis ins Jahr 2080 weiterdenkt, könnte die Abgabenlast sogar auf satte 60 Prozent klettern. "So weit darf es nicht kommen", warnt der Professor: Wenn es so weitergeht, könnte das Wirtschaftswachstum abgewürgt werden und die Beschäftigung massiv leiden. Was tun? Leichter gesagt als getan – immerhin ringt die Politik seit Jahren mit diesen Themen und kommt selten zu einer einheitlichen Richtung. Allerdings: Die Demografie lügt nicht.

Die aktuelle Debatte dreht sich stärker denn je um die Belastung der Sozialversicherungen durch den demografischen Wandel. Martin Werding, einer der einflussreichsten Stimmen in der deutschen Sozialpolitik, warnt vor einem nie dagewesenen Anstieg der Sozialabgaben. Laut seiner Prognose, basierend auf aktualisierten Bevölkerungsschätzungen des Statistischen Bundesamts, könnten Beitragssätze für Rente, Kranken- und Pflegeversicherung sowie Arbeitslosenversicherung bis zur Jahrhundertmitte sprunghaft auf über die Hälfte des Bruttolohns steigen. Das liegt maßgeblich an der rasant sinkenden Zahl der Einzahler bei gleichzeitig steigender Zahl von Leistungsempfängern. Bereits jetzt gibt es hitzige politische Diskussionen über Maßnahmen: Ob Zuwanderung, längere Lebensarbeitszeiten oder Reformen beim Rentensystem – die Bandbreite an Lösungsvorschlägen ist groß, der Konsens dünn.

Aktuelle Recherchen zeigen, dass die Debatte in den letzten 48 Stunden deutlich Fahrt aufgenommen hat. So berichtet die Süddeutsche Zeitung detailliert über die Reaktionen aus Politik und Wissenschaft auf neue Vorschläge gegen Beitragserhöhungen und beleuchtet dabei widersprüchliche Ansätze der Ampel-Koalition (Quelle: Süddeutsche Zeitung). Die FAZ hingegen stellt die angespannte Suche nach zusätzlichen Finanzierungsquellen aus dem Bundeshaushalt für die Sozialkassen in den Mittelpunkt und diskutiert das Potenzial einer stärkeren Förderung privater Vorsorge (Quelle: FAZ). Die ZEIT analysiert die Frage, wie andere europäische Länder vergleichbare demografische Probleme abfedern und inwieweit man vom Beispiel der Nachbarn lernen kann (Quelle: Die Zeit).

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