Martin Herrenknecht, der inzwischen 83-jährige Kopf des namhaften Tunnelbauers aus Schwanau, hat sich überraschend deutlich zum Arbeitsrecht geäußert. Im Gespräch mit dem "Handelsblatt" meinte er, es brauche dringend eine Lockerung des Kündigungsschutzes. Gerade, weil die Industrie derzeit unter Jobabbau und schwierigen Rahmenbedingungen leide, passe das aktuelle System einfach nicht mehr, so seine Einschätzung. Kurios vielleicht – oder typisch? – er bleibt damit nicht bei bloßer Kritik: Auch beim Thema Krankentage fordert Herrenknecht eine Kürzung, Stichwort Karenztage und Krankengeld. Drei statt sechs Wochen Krankengeld, keine Lohnfortzahlung ab dem ersten Tag – so lauten seine Ideen, die hierzulande vermutlich für Diskussionsstoff sorgen werden. Mit etwa 5.000 Mitarbeitenden in aller Welt blickt er auch nach draußen und wundert sich beispielsweise über deutsche Debatten zur Vier-Tage-Woche. "Woanders Standard – bei uns Aufregerthema," kommentiert er schnörkellos. Auch bei Überstunden sieht er Änderungsbedarf: Mehrarbeit über 40 Stunden sollte steuerfrei bleiben, um Leistung zu belohnen. Neben ihm hatte sich kürzlich auch die Chefin des Maschinenbauers Trumpf, Nicola Leibinger-Kammüller, ähnlich kritisch geäußert und sogar den Ostermontag als gesetzlichen Feiertag infrage gestellt.
Herrenknecht spricht sich klar für mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt und weniger starre Schutzregelungen aus, womit er eine kontroverse Debatte in Deutschland neu entfacht. Die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik wird aktuell von steigenden Entlassungen in der Industrie und einer spürbaren Unsicherheit geprägt; Forderungen nach einer Anpassung von Arbeitsrecht und sozialen Sicherungssystemen werden lauter, wie auch jüngste Stellungnahmen von anderen Branchenführern zeigen. Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbände reagieren kritisch auf Vorschläge wie die Einschränkung des Kündigungsschutzes oder die Verkürzung der Lohnfortzahlung, weil diese ihrer Ansicht nach die Beschäftigten weiter unter Druck setzen könnten – auffällig ist, dass Meinungen auch innerhalb der Wirtschaftswelt zunehmend auseinanderdriften.